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"Ich kann nicht gegen den Papst kämpfen"

Der frühere Bischof von Hongkong, Kardinal Zen, will sich ins Kloster zurückziehen und schweigen, falls die staatstreuen Bischöfe vom Vatikan anerkannt werden
Joseph Zen Ze-kiun, von 2002 bis 2009 Bischof von Hongkong
Foto: Jörg Loeffke (KNA) | Kardinal Joseph Zen Ze-kiun, von 2002 bis 2009 Bischof von Hongkong.

Kardinal Joseph Zen Ze-kiun, emeritierter Bischof von Hong-Kong, hat den Papst darum gebeten, die Verhandlungen mit Peking zu beenden. Im Interview mit der katholischen Zeitung "La Croix" bekräftigte er seine vehemente Kritik. Mit der Unterzeichnung des Abkommens habe der Papst nicht nur nichts gewonnen, sondern Peking habe den Papst um seine Autorität gebracht.

Das im September getroffene Abkommen bezeichnete der Kardinal als "Illusion". Zen zufolge gehen die chinesischen Behörden noch immer davon aus, dass sie die Kirche unabhängig verwalten und Bischöfe auswählen. "Der Papst hat nur das letzte Wort", erklärte der 86-Jährige.

Misstrauen gegenüber der Kurie: Zen überbrachte Papst Franziskus persönlich einen Brief

Zen berichtet in dem Interview, er sei vor wenigen Tagen nach Rom gereist, um Papst Franziskus persönlich einen sieben Seiten umfassenden Brief zu überreichen. Er habe sichergehen wollen, dass dieser das Schreiben auch erhält, da er der Umgebung des Papstes nicht traue.

Skeptisch äußerte sich Zen über eine mögliche Papstreise nach China. Franziskus werde die Untergrundbischöfe nicht treffen können. "Der Papst würde vom Regime manipuliert, während Xi Jinping auf dem internationalen Parkett Glaubwürdigkeit gewänne", so die Befürchtung des Kardinals. Er selbst wolle die in China noch immer sehr lebendige Untergrundkirche stärken.

Falls jedoch die bisher noch nicht legitimierten staatstreuen Bischöfe vom Vatikan anerkannt würden, wolle er sich zu Gebet und Buße in ein Kloster zurückziehen und keine Interviews mehr geben. "Ich kann nicht gegen den Papst kämpfen", erklärte der Kardinal.

Untergrundkirche verfolgt Annäherung zwischen dem Vatikan und China mit Sorge

Der Vatikan und China hatten im September ein "vorläufiges Abkommen" zur Ernennung von Bischöfen geschlossen. Papst Franziskus erkannte acht regierungstreue Bischöfe an, die ohne päpstliche Zustimmung geweiht worden waren. Damit stehen erstmals seit über 60 Jahren alle katholischen Bischöfe Chinas in Gemeinschaft mit Rom.

Die Ernennung katholischer Bischöfe und die Anerkennung bereits amtierender regierungstreuer, aber ohne Zustimmung Roms geweihter Oberhirten waren entscheidende Hindernisse in der Annäherung beider Länder. Deren diplomatische Beziehungen sind seit 1951 unterbrochen.

Teile der chinesischen Kirche hatten die Verhandlungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Peking mit Sorge verfolgt. Kardinal Zen warf dem Vatikan Naivität vor und warnte vor einem "Ausverkauf" der Kirche in China.

Kirche in China: "Patriotische Vereinigung" versus "Untergrundkirche"

Derzeit ist der Großteil der geschätzt 13 Millionen Katholiken in China in der staatlich zugelassenen "Patriotischen Vereinigung" organisiert. Außerdem besteht eine sogenannte "Untergrundkirche" mit mehr als 30 Bischöfen ohne staatliche Genehmigung. Von den etwa 65 regierungstreuen Bischöfen waren einige nicht von Rom anerkannt.

Dass sich der Papst die letzte Entscheidung über Bischofskandidaten vorbehält, sah Peking bislang als Einmischung in innere Angelegenheiten. Laut Beobachtern zielt die Einigung auf einen pragmatischen Umgang mit der Frage.

KAP / DT (jobo, reg)

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17.05.2022, 18 Uhr
Michaela Koller

Kirche