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Der heilige Thomas Becket

Über das Leben, Wirken und das Martyrium des heiligen Thomas Becket. Von Claudia Kock
Thomas Becket
Foto: IN

„Ein christliches Martyrium ist kein Zufall: Heilige werden nicht durch Zufall. Noch weniger ist ein christliches Martyrium das Ziel eines menschlichen Willens, der sich vorgenommen hat, ein Heiliger zu werden – sowenig als ein Mensch durch Wille und Vorhaben Beherrscher der Menschen werden kann. Ein Martyrium liegt stets im Plan Gottes, der in seiner Liebe die Menschen warnen und auf den rechten Weg zurückführen will. Der wahre Märtyrer ist jener, der Gottes Werkzeug geworden ist, jener, der seinen eigenen Willen im Willen Gottes verloren hat, jener, der nichts mehr für sich selbst begehrt, nicht einmal den Glorienschein des Martyriums.“ Das predigte der Erzbischof von Canterbury, Thomas Becket, zum Fest des Erzmärtyrers Stephanus am 26. Dezember 1170.

Drei Tage später erlitt er selbst das Martyrium: Vor dem Altar seiner Kathedrale wurde er von vier Männern niedergestreckt; sie schlugen ihm mit dem Schwert die Schädeldecke ab. Bereits gut zwei Jahre nach seinem gewaltsamen Tod wurde Thomas Becket durch Papst Alexander III. als „Märtyrer des Kirchenrechts und der Kirchenfreiheit“ heiliggesprochen.

Leben und Wirken von Thomas Becket

Thomas Becket wurde am 21. Dezember 1118 als Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns in London geboren. Er studierte in England, Italien und Frankreich. In London schloss er sich einem exklusiven Zirkel um Erzbischof Theobald von Canterbury an und ließ sich 1146 von diesem als Erzdiakon einsetzen und zum Priester weihen, ohne seinen luxuriösen Lebensstil aufzugeben.

1155 wurde er auf Vermittlung des Erzbischofs zum Lordkanzler Heinrichs II. ernannt, der kurz zuvor mit erst 21 Jahren zum König von England gekrönt worden war. Der ehrgeizige König geriet oft in Streit mit dem Erzbischof von Canterbury, Primas der Kirche in England; häufig ging es dabei um Besitzansprüche. Statt eine Mittlerposition einzunehmen, stellte sich Thomas auf die Seite des Königs, stachelte diesen zu Kriegen an, um seinen Besitz zu vergrößern, und handelte im Ungehorsam gegenüber dem Erzbischof. Außerdem trat er mit großem Pomp in der Öffentlichkeit auf und genoss seine Machtstellung am Hof.

Beschuldigung des Hochverrats durch Heinrich II.

Als Theobald 1161 starb, bestimmte Heinrich II. in der Hoffnung, mehr Einfluss auf die Kirchenpolitik zu nehmen, Thomas zu dessen Nachfolger. 1162 wurde er zum Erzbischof von Canterbury geweiht.

Heinrichs Plan ging jedoch nicht auf, denn nach der Bischofsweihe setzte eine Wende im Leben von Thomas Becket ein. Gegen den Willen Heinrichs II. legte er sein Amt als Lordkanzler nieder, trat mit Nachdruck für die Rechte der Kirche und gegen Übergriffe des Königs in kirchliche Angelegenheiten ein. Gleichzeitig erlebte er eine innere Umkehr, verschenkte seinen Besitz an die Armen und nahm einen einfachen, strengen Lebensstil an. Schon bald kam es zum Streit und 1164 zum offenen Bruch mit Heinrich, der ihn des Hochverrats beschuldigte. Thomas musste aus England fliehen und zog sich in Frankreich in ein Zisterzienserkloster zurück.

Martyrium und Heiligsprechung

Thomas' Rücktrittsgesuch als Erzbischof von Canterbury wurde von Papst Alexander III. nicht angenommen, und 1170 machte Heinrich ihm ein Friedensangebot, woraufhin er nach England zurückkehrte, jedoch mit einer Vorahnung über das eigene Martyrium. Er sollte Recht behalten: Am 29. Dezember, unmittelbar vor der Feier der Vesper, wurde er von vier Vertrauten des Königs ermordet. Ob Heinrich II. selbst den Auftrag dazu erteilte, ist historisch ungeklärt.

Seine älteste Tochter Mathilde, die als Ehefrau Heinrichs des Löwen in Braunschweig residierte, setzte sich beim Papst für Thomas' Heiligsprechung ein und sorgte dafür, dass Thomas Becket zum dritten Schutzpatron des gerade im Bau befindlichen Braunschweiger Doms erhoben wurde, wo sich bis heute eine Thomas-Becket-Reliquie befindet. Sie wurde seinem Schrein in der Kathedrale von Canterbury entnommen, der das ganze Mittelalter hindurch von zahlreichen Pilgern besucht wurde. Am 19. August 1538 wurde der Schrein durch König Heinrich VIII. zerstört. Dies gilt als „zweites Martyrium“ des heiligen Thomas Becket.

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