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Corona-Exerzitien: Jesus ist einer von Euch

Der Isenheimer Altar erinnert an den Kern des Glaubens. Der von Leiden und Tod Auferstandene nimmt den Menschen mit in die Herrlichkeit.
Gruenewald, Isenheimer Altar, Kreuzigung - Gr}newald / Isenheim Altar, Crucifixion -
Foto: AKG Pressebild | Jesus ist einer von euch, denn er trägt euer Leiden am eigenen Leib: Der Isenheimer Altar von Matthias Grünewald in Colmar.

Das Elsass ist einer der Hotspots der Corona-Pandemie. Im dortigen Colmar steht der Isenheimer Altar von Matthias Grünewald. Dieses Meisterwerk der Renaissance ist aufgeladen mit theologischen Botschaften. So ist die Gestalt des Gekreuzigten geprägt von den Symptomen der Mutterkornvergiftung, die von kontaminiertem Getreide hervorgerufen wird und bisweilen tödlich verläuft. Der Grund für diese theologische Deutung, die sich Matthias Grünewald mit künstlerischer Freiheit genommen hat, liegt darin, dass der Isenheimer Altar für ein Antoniterkloster geschaffen wurde. Dieser Orden kümmerte sich um Opfer der Mutterkornvergiftung. Den Kranken wollte Grünewald sagen: Jesus ist einer von euch, denn er trägt euer Leiden am eigenen Leib. 

Leiden und Tod werden in unseren Tagen verdrängt

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Wir leben in einer Zeit, die Leiden und Tod verdrängt. Viele möchten lieber im unterhaltsamen Dauer-Disney-Land leben, in der rund um die Uhr geöffneten Shopping-Mall. Das ist die zeitgenössische Illusion der Erlösung vom Leiden. Eine Welt ohne Leiden und Tod wäre freilich keine reale Welt. Der Isenheimer Altar erinnert demgegenüber an den Kern des christlichen Glaubens: Jesus Christus hat die Welt nicht vom Leiden erlöst, sondern im Leiden. Durch sein Kommen in diese Welt hat er Leiden und Tod nicht aus der Welt geschafft. Vielmehr hat er beides zu Orten gemacht, an denen wir Gott begegnen können, weil er durch Christus dort war und ist. Und der von Leiden und Tod Auferstandene nimmt dann den Menschen mit in seine ewige Herrlichkeit.

Das Leben neu geschaffen

Die Corona-Krise hat uns wieder in die Realität zurückgeholt. Alle erkennen neu, dass es die reale Welt ohne Leiden und Tod nicht gibt. Das ist eine Chance, die christliche Sicht auf Leben und Tod wieder ins Gespräch zu bringen. Es ist auch die Gelegenheit, uns selbst wieder auf den Ernst unseres Christseins zu besinnen. Gehen wir voran mit der Präfation von Ostern: „Durch seinen Tod hat er [Jesus Christus] unseren Tod vernichtet und durch seine Auferstehung das Leben neu geschaffen“.

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Martin Grichting

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