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Corona Exerzitien: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein

Wir müssen acht geben, dass Unmut über die Gottesdienstpolitik nicht in Wut umschlägt und den Seelenfrieden raubt. Auch wenn die Kirchentüren noch verschlossen sein mögen, das Wort Gottes ist weiterhin frei.
Coronavirus - Gottesdienstpolitik
Foto: Andreas Arnold (dpa) | In ein Herz ohne Frieden kehrt auch der eucharistische Herr nur widerwillig ein, meint Nina Heereman. Im Bild: Eine Osterkerze brennt im Dom zu Worms.

Weltweit rütteln Katholiken an den Kirchentüren. „Gebt uns die Heilige Messe zurück“, ertönt es von überall her. Zunehmend äußern die Gläubigen Unmut über die Gottesdienstpolitik der Bischöfe. Zwar ist die große Sehnsucht nach der Eucharistie zu begrüßen, aber zugleich müssen wir den Bischöfen vertrauensvoll unterstellen, aus Verantwortungsgefühl gehandelt zu haben. Wir müssen acht geben, dass Unmut nicht in Wut umschlägt und uns am Ende den Seelenfrieden raubt. Denn in ein Herz ohne Frieden kehrt auch der eucharistische Herr nur widerwillig ein. Beten wir lieber für unsere Hirten um die rechte Entscheidung und fragen wir uns, welche Gnade die jetzige Stunde für uns bereit halten mag, die Gottes Wille nun so und nicht anders für uns bestimmt hat.

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Dank für ein Gottesgeschenk rechtfertigt nicht Missachtung eines anderen

Die Kirche lehrt in der dogmatischen Konstitution Dei Verbum, dass sie „die Heiligen Schriften immer verehrt wie den Herrenleib selbst, weil sie, vor allem in der heiligen Liturgie, vom Tisch des Wortes Gottes wie des Leibes Christi ohne Unterlass das Brot des Lebens nimmt und den Gläubigen reicht“ (DV 21). Als Katholiken haben wir eine enorme Ehrfurcht vor der Eucharistie. Gott sei Dank! Aber Dank für ein Gottesgeschenk rechtfertigt nicht Missachtung eines anderen.

Können wir wirklich von uns behaupten, dass wir –– wie die Kirche es tut –– die Heiligen Schriften ebenso verehren wie den Herrenleib selbst? Können wir mit Jeremia sagen: „Kamen Worte von Dir so verschlang ich sie“? (Jer 15:16). Sind wir uns bewusst, dass in den Heiligen Büchern tatsächlich „der Vater, der im Himmel ist, seinen Kindern in Liebe entgegen [kommt] und mit ihnen das Gespräch aufnimmt“ (DV 21)? Solche Gewalt und Kraft wohnt im Worte Gottes, nach dem Glauben der Kirche, dass es für sie „Halt und Leben, für die Kinder der Kirche Glaubensstärke, Seelenspeise und reiner, unversieglicher Quell des geistlichen Lebens ist“ (DV21). Deshalb sprechen wir auch von der Sakramentalität des Wortes Gottes.

Die sakramentale Macht des Wortes Gottes neu entdecken

Ja, die Kirchentüren sind verschlossen, aber das Wort Gottes ist frei. Und wir sind frei, es zu betrachten, es zu kauen und zu essen, wie uns die Wüstenväter lehren, die sich allein von diesem Brot ernährt haben. Anstatt in der Wüste zu murren, sollten wir das Manna essen, das der Herr uns reichlich schenkt. Es wird uns an nichts fehlen. Vielleicht kann das Fasten vom Brot der Eucharistie in dieser Zeit uns helfen, die sakramentale Macht des Wortes Gottes neu zu entdecken und dahin zu gelangen, dass wir am Ende der Krise tatsächlich das Wort des Herrn so sehr verehren wie den Herrenleib selbst, dass wir keines von seinen Krumen zu Boden fallen lassen und jedes Wort aus dem Munde Gottes uns zur Nahrung wird. 

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