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Kölner Betroffenenbeirat kritisiert Marx und Umgang mit Missbrauchsaufarbeitung

Stets halte sich der Münchner Kardinal Reinhard Marx eine Hintertür offen, wenn es brenzlig werde, kritisiert der Kölner Betroffenenbeirat in einem offenen Brief. Und er mahnt: Bischöfe und Kardinäle müssten sich ihrer Verantwortung stellen.
Rücktrittsgesuch von Kardinal Marx abgelehnt
Foto: Lennart Preiss (dpa) | Schon heute sei klar, dass Kardinal Marx in seiner Zeit als Bischof von Trier nicht alles richtig gemacht und den Ruf der Kirche höher eingestuft habe als das Wohlergehen von Betroffenen, so der Sprecher des ...

Der Betroffenenbeirat des Erzbistums Köln hat die jüngsten Äußerungen des Münchner Kardinals und Erzbischofs Reinhard Marx rund um sein vom Papst abgelehntes Rücktrittsgesuch „zum Teil mit großem Erstaunen“ aufgenommen. Marx verstehe es ausgezeichnet, sich in einem guten Licht zu präsentieren, schreibt der Sprecher des Betroffenenbeirats, Peter Bringmann-Henselder, in einem offenen Brief an Papst Franziskus, die Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und das Erzbistum München und Freising. „Er hält sich aber stets ein Hintertürchen offen, das er nutzen will, wenn es brenzlig wird.“

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Ruf der Kirche vor Wohl der Betroffenen

Marx hatte am Freitag ein erneutes Rücktrittsgesuch nicht ausgeschlossen. In einem Hirtenwort, das am Wochenende in allen Pfarreien des Erzbistums München und Freising verlesen wurde, erklärte er: „Wenn sich eine neue Situation ergibt oder veränderte Umstände, die meinen Dienst grundsätzlich in Frage stellen, werde ich prüfen, ob ich nicht erneut das Gespräch mit dem Heiligen Vater suchen sollte.“

Daraufhin betonte Bringmann-Henselder, schon heute sei klar, dass Kardinal Marx in seiner Zeit als Bischof von Trier nicht alles richtig gemacht und den Ruf der Kirche höher eingestuft habe als das Wohlergehen von Betroffenen. Inwieweit das auch für seine Zeit im Erzbistum München-Freising zutreffe, könne man noch nicht sagen. „Ob das angekündigte Gutachten in dieser Beziehung Licht ins Dunkel bringen wird ist offen.“ 

Der Sprecher des Betroffenenbeirats wirft auch die Frage auf, welchen Beitrag der Kardinal zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen seit 2010 geleistet habe. „Abgesehen von der MHG-Studie und einzelnen Vorreitern in anderen Bistümern in Sachen Aufarbeitung wenig bis nichts, außer seinen Hirtenworten 2010 und anderen Äußerungen.“ Die Entscheidung von Kardinal Marx zum Amtsverzicht sollte ein Zeichen sein, so Bringmann-Henselder, „dass er für all das persönlich und als Amtsträger Mitverantwortung übernehmen muss, denn als Bischof stehe er für die Kirche ein, auch für das, was in der Vergangenheit geschehen ist“.

Bischöfe und Kardinäle nicht aus Verantwortung entlassen

Die Entscheidung von Papst Franziskus, das Rücktrittsgesuch des Kardinals nicht anzunehmen, habe man sehr begrüßt. Nun bitte man den Papst darum, „auch bei möglichen weiteren Rücktrittsgesuchen dieser Linie treu zu bleiben und die Bischöfe und Kardinäle nicht aus der Verantwortung zu entlassen, sondern sie dort zu belassen, wo sie sind, damit sie sich in die Aufarbeitung einbringen können“.

Die DBK fordert der Kölner Betroffenenbeirat auf, in der nächsten Vollversammlung darauf zu drängen, „dass alle verantwortlichen Bischöfe und Kardinäle sich der Verantwortung stellen und in der ersten Reihe stehen, wenn es um die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs geht“. Verantwortung zeige sich nicht durch Rücktritt, sondern dadurch, dass man sich in das Verfahren einbringe. „Wenn sich die Verantwortlichen zurückziehen und neue Leute an ihre Stelle treten, dann geht die Aufarbeitung von vorne los und eines ist dann gewiss, es dauert noch länger.“ Dies sei unzumutbar für die Betroffenen.  DT/mlu

Lesen Sie weitere Hintergründe in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

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