Die polnische Psychiaterin Wanda Póltawska (98) verband mit Johannes Paul II. eine lange Freundschaft – sie sah, wie er Heiligkeit lebte und den Weg zur Heiligkeit erklärte. Dies betont sie im Gespräch mit der „Tagespost“. „Er war ein sehr spezieller Mensch. Wir sind natürlich alle speziell. So hat uns Gott gemacht, einzigartig, aber Wojtyla war wirklich ein durch und durch guter Mensch. Ein Heiliger im moralischen Sinne. Und ein intellektuelles Genie. Dabei aber demütig und zurückhaltend. Er hat nie gesagt „Ich denke“ oder „Du sollst dies oder das tun“. Was er sagte, war nur: „Lass uns sehen, was Gott dazu denkt.“ Dann schaute er in der Heiligen Schrift nach, wo alles aufgeschrieben ist, das zur Heiligkeit und Wahrheit führt.“
Man muss sich auch anstrengen zu glauben
Ferner betont Póltawska, die als junge Frau zusammen mit anderen Frauen die grausamen Experimente der Nazis im KZ Ravensbrück durchlitt: „Man muss sich, wie Wojtyla klar machte, auch anstrengen zu glauben. Mit dem Geist und mit dem Verstand, die auch Gaben Gottes sind und helfen sollen, Gott zu erkennen und zu glauben.“ Alles jedoch, das wusste auch der Fast-Alles-Wissende Wojtyla kann der Mensch nicht mit eigener Verstandeskraft erkennen. Deshalb sei der „Respekt vor dem Geheimnis“ so wichtig, sagt Wanda Póltawska
Johannes Paul II., dies betont Wanda Póltawska, habe die Verantwortung des Einzelnen für sein Leben stets unterstrichen. Man müsse sich selbst darum bemühen, ein Heiliger zu werden, das könne einem kein anderer Mensch abnehmen, zitiert Wanda Póltawska ihren großen Lehrer aus dem Gedächtnis. „Johannes Paul II. wollte, dass ein Mensch weiß, wer er ist, denn er sah darin die Würde des Menschen begründet. Das Streben nach Heiligkeit war für ihn immer auch mit Selbsterkenntnis und Weisheit gekoppelt, wie er es in dem Apostolischen Schreiben „Novo Millennio Ineunte“, das er selbst als „Pädagogik der Heiligkeit“ bezeichnete, ausgedrückt hat.“
Um die Gaben des heiligen Geistes beten
Natürlich wusste Johannes Paul II., dass dies ein langwieriger Prozess ist und dass der Mensch Grenzen hat. „Karol Wojtyla riet stets dazu, um die Gaben des Heiligen Geistes zu beten. Er wusste, dass der Mensch sich als Geschöpf am besten entwickeln kann, wenn er die Nähe zum Schöpfer sucht, zu demjenigen, dem er sein gesamtes Sein verdankt.“ Auch wenn Johannes Paul II. zu seinen Lebzeiten nicht beanspruchte ein Heiliger zu sein, so betont Póltawska, dass man diese Aura doch gespürt habe.
DT/mee
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