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Überweisung nach Australien: Heiße Luft um nichts

Die Gerüchte, der Vatikan habe 1,4 Milliarden Euro nach Australien fließen lassen, stellt sich als Rechenfehler einer australischen Behörde heraus.
Vatikan - Petersbasilika
Foto: Giuseppe Fama via www.imago-images.de (www.imago-images.de) | Abermals zeigt sich: Der ganze Finanzskandal des Vatikans muss sauber aufgearbeitet werden.

Die Nachricht klingt wie ein Witz: Gestern hat der Vatikan mittgeteilt, eine nachträgliche Untersuchung habe ergeben, dass in dem Zeitraum von 2014 bis 2020 nicht – wie bisher gemeldet – 2,3 Milliarden Australische Dollar (1,4 Milliarden Euro) von vatikanischen Konten nach Australien geflossen seien, sondern nur 9,5 Millionen Australische Dollar (6 Millionen Euro). Das hätte eine gemeinsame Überprüfung durch die beiden Anti-Geldwäsche-Behörden beider Staaten, der Austrac für Australien und die Asif (früher Aif) für den Vatikan, ergeben. Wie es in der kurzen Mitteilung des Presseamts des Heiligen Stuhls heißt, hätte Rom um diese Überprüfung gebeten, danke für die Zusammenarbeit und drücke nun seine Zufriedenheit über das Ergebnis aus.

Wildeste Gerüchte waren die Folge

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Mit anderen Worten: Die australische Anti-Geldwäsche-Behörde hat sich schlicht und einfach verrechnet. Aber die Meldung, die seit Wochen über den angeblichen 2,3 Milliarden-Transfer durch die Medien geisterte, hat die wildesten Spekulationen ausgelöst. Auch wenn es von vielen für unwahrscheinlich gehalten wurde, dass eine derart hohe Summe, die den Haushalt des Vatikans bei weitem übersteigt, über mehrere Jahre auf die andere Seite des Globus geflossen sein soll, schossen die Gerüchte ins Kraut: Mit diesen Gelder habe der Vatikan Gefangene von Terrororganisationen freikaufen wollen. Oder man habe damit Missbrauchsopfer zum Schweigen bringen wollen. Oder aber, noch schlimmer, das Geld habe dazu gedient, Kardinal George Pell, den früheren Wirtschaftspräfekten des Vatikans, in einen Missbrauchs-Prozess zu verwickeln und hinter Gittern zu bringen.

Der Vatikanprozess steht noch aus

Stattdessen heißt es jetzt in der vatikanischen Mitteilung, die sechs Millionen hätten dazu gedient, „vertraglichen Pflichten“ nachzukommen beziehungsweise es habe sich um die „gewöhnliche Verwaltung der eigenen Ressourcen“ gehandelt. Wie die Internetseite „Vatican News“ am Mittwoch ergänzend berichtete, setzen sich diese sechs Millionen Euro aus 362 Einzelüberweisungen in den betrachteten sechs Jahren zusammen. Austrac dagegen hatte auf eine Anfrage der Senatorin Concetta Fierravanti-Wells fälschlicherweise die Zahl von 47.000 Transaktionen genannt. Jetzt kann man sich natürlich fragen, wie es zu so einem Rechenfehler kommen kann. Und es erhärtet sich, was römische Beobachter seit langem fordern: Dass der ganze Finanzskandal des Vatikans, der Mitarbeitern im Staatssekretariat den Job und Kurienkardinal Giovanni Becciu seine Reputation und das Amt als Präfekt für die Heiligsprechungen gekostet hat, in einem ordentlichen Verfahren vor dem Vatikangericht eine saubere Klärung und Aufarbeitung findet.

 

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