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Synodales Wunschkonzert: Für wen schreiben wir eigentlich?

Die Online-Konferenz des Synodalen Wegs war umstritten und unverbindlich. Bischof Bode sieht den Geist von Frankfurt auch im digitalen Format wirken. Drei von vier Foren haben bereits einen Textentwurf zur Diskussion vorgelegt. Die Weltkirche sieht mit Bedenken auf den Prozess.
Online-Konferenz des Synodalen Weges
Foto: Julia Steinbrecht (KNA) | Bildschirm eines Laptops am 5. Februar 2021 in Bonn: Kacheln mit Teilnehmern der Online-Konferenz des Synodalen Weges.

Nach dem zweitägigen unverbindlichen Austausch beim Digitalforum des Synodalen Weges sollen schon bei der nächsten Begegnung im Herbst klare Ansagen an Rom und Beschlüsse folgen. ZdK-Präsident Thomas Sternberg kündigte zum Auftakt an, es müsse „Entscheidungen geben“ und rechnete schroff mit Kritikern des Synodalen Wegs ab: Es gebe „törichte Bemerkungen“, die dem Prozess unterstellen würden, die „Protestantisierung“ der Katholischen Kirche voranzutreiben. Drei von vier Foren – Macht und Gewaltenteilung, Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche sowie Leben in gelingenden Beziehungen – haben bereits einen Textentwurf zur Diskussion vorgelegt. Das Forum über die priesterliche Lebensform befindet sich noch in der Diskussion über die Endfassung. 

Lokale Änderungen 

Dass die Agenda des Synodalen Wegs tatsächlich nicht frei von binnenkirchlichem Spaltungspotenzial ist, ließen die Teilnehmer der Veranstalter gleichwohl durchblicken: Birgit Mock, familienpolitische ZdK-Sprecherin, setzte auf Lösungen für „Ungleichzeitigkeiten in der Weltkirche“. Vorschläge für Deutschland könnten probeweise – „ad experimentum“ – unmittelbar nach dem Abschluss des Synodalen Wegs in die Praxis umgesetzt werden. 

Pars pro toto für die Skepsis innerhalb der Weltkirche über den Synodalen Weg äußerte sich Bischof Czeslaw Kozon in seiner Eigenschaft als Beobachter für die Nordische Bischofskonferenz: „Als katholische Bischöfe in den nordischen Ländern verfolgen wir mit einigen unserer Gläubigen den Synodalen Weg in Deutschland. Und auch wenn die deutschen Themen für uns nicht im selben Maße und direkt relevant sind, so ist doch eine echte Sorge zu spüren, ob die Einheit der Kirche bewahrt werden kann“, erklärte der Bischof von Kopenhagen am Freitag. 

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Kritik an Bode und Overbeck 

Schon die personelle Zusammensetzung der Veranstaltung warf Fragen auf: Die im Vorfeld geäußerte Kritik des Bonner Stadtdechanten Wolfgang Picken, wonach sich Essens Bischof Franz-Josef Overbeck und Bischof Franz-Josef Bode aus der Leitung des Synodalen Weges wegen ihres Verhaltens in Sachen Missbrauch zurückziehen müssten, parierte Bode mit der Begründung, er habe zu der Verantwortung gestanden, sich in einzelnen Fällen des Missbrauchs fehlerhaft und nicht angemessen verhalten zu haben. „Ich werde gerade das, was ich in den vergangenen Jahren gelernt habe, in den Synodalen Weg und die Bischofskonferenz mit einbringen.“ Weniger einfach machte es sich Kardinal Rainer Maria Woelki, der erneut um Verzeihung für Fehler bei der Missbrauchsaufarbeitung bat. Er räumte ein, dass das Erzbistum nicht gut kommuniziert habe. Zugleich unterstrich der Kölner Erzbischof sein Ziel: Aufklärung und Aufarbeitung. 

Strukturelle Konsequenzen

Der synodale Weg
Foto: Julia Steinbrecht | Das Präsidium des Synodalen Weges, Georg Bätzing und Thomas Sternberg, bei der Onlinekonferenz.

Der Eindruck von Schwester Philippa Rath OSB, dass sich manche inzwischen hinter dem „Fall Köln“ verstecken, wirkte durchaus plausibel, zumal die Erklärung des Präsidiums strukturelle Konsequenzen forderte: Alle Bischöfe sollen demzufolge „verbindliche Verfahren etablieren, um vor dem Kirchenvolk öffentlich Rechenschaft ablegen zu können“, da sie nicht nur dem Papst Rechenschaft schuldeten. Ein Bischof brauche, so das Präsidium, „das Vertrauen der Gläubigen seiner Diözese“, um sein Amt ausüben zu können. Nach welchen Kriterien Vertrauen festgestellt wird, blieb offen. Dorothea Schmidt von Maria 1.0 erdete die Debatte beim Austausch mit dem Sprecherteam des Betroffenenbeirats des Synodalen Wegs, sprach sich gegen eine Skandalisierung des Falls Köln aus und forderte eine verantwortungsvolle Debatte mit „Geduld, Sachlichkeit, und Wahrheitsanspruch“. 

Ätzende Kritik am Priesteramt

Mangelnde Sachlichkeit belastete teilweise den Austausch über das Priesteramt. Wie ein basso continuo zog sich ätzende Kritik am Priesteramt durch das Gros der Beiträge aus weiblichem Mund. Kein Wunder, dass der Austausch zu Fragen über Macht und Amt zum Paradox geriet. Der Forderung von Frauen wie der Erfurter Dogmatikerin Julia Knop nach Gleichstellung der Geschlechter in allen Ämtern standen skeptische Einwände verschiedener Teilnehmerinnen gegenüber, ob Frauen eine Zugehörigkeit zum klerikalen System überhaupt anstreben sollten. 

Der Bonner Stadtdechant fühlte sich „angefasst“ von mancher Wortwahl und warnte vor einer diskriminierenden Sprache gegenüber Priestern, während ein älterer Geistlicher daran erinnerte, dass er nicht aus Machtbewusstsein ins Priesterseminar eingetreten sei: „Wir waren begeistert von Christus.“ 

Zu Fragen der Priesterausbildung monierte der Präsident der Caritas, Prälat Peter Neher, es sei nichts Neues genannt worden, was nicht auch vor zwanzig Jahren schon diskutiert und teilweise umgesetzt worden sei. Konkret wurde in der Diskussion genannt, man solle in der Ausbildung der Priester mehr Psychologie zur Anwendung bringen und über alternative Wohnformen für Priesteramtskandidaten nachdenken. 

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Weihe von Frauen nicht möglich

Vom betroffenheitsschwangeren Duktus vieler Statements hoben sich die theologisch fundierten Wortmeldungen des Regensburger Bischofs Rudolf Voderholzer ab. Er unterstrich, dass das sakramentale Priestertum Männer vorbehalten sei und wies nach, dass die Frage nach der Zulassung von Frauen zum Weiheamt kein Novum in der Kirchengeschichte darstelle. Aus allen Jahrhunderten lägen Zeugnisse vor, warum die Weihe von Frauen nicht möglich ist. Der Dogmatiker verortete sie historisch bei gnostischen Gruppen mit „einem esoterischen Ansatz“, deren Charakteristikum Leibfeindlichkeit und eine ablehnende Haltung zur Ehe gewesen sei. 

Demgegenüber spiegele die geltende Ordnung, das sakramentale Weiheamt Priestern vorzubehalten, die Brautsymbolik der Kirche wider. Diese, so Bischof Voderholzer, sei „kein Nebenthema der Überlieferung, sondern ein zentraler Gedanke“. 

Sprache und Umfang überfordert Teilnehmer

Onlinekonferenz des Synodalen Weges.
Foto: Synodaler Weg/Rosner | Onlinekonferenz des Synodalen Weges.

Den Tag über hatten die Teilnehmer des Synodalen Weges Berichte aus den Foren gehört und sich darüber ausgetauscht. Es wurden Statements von Beobachtern abgegeben. Drei von vier Foren haben bereits einen Textentwurf zur Diskussion vorgelegt. Das Forum über die priesterliche Lebensform befindet sich noch in der Diskussion, wie der Text aussehen soll. 

Mit Bezug auf die zu erstellenden Texte fragte die Teilnehmerin Carola Lutz von der Landvolksbewegung, für wen man die Texte abfasse. Lutz, die dem Forum Macht in der Kirche angehört, gab zu bedenken, dass Sprache und Umfang der Texte einige Teilnehmer überfordere. 

"Sprachlosigkeit und Einschüchterung"

In den abschließenden Berichten aus einzelnen Hearings zu den Foren berichteten Hans Joas, Pfarrer Andreas Otto, Isabella Vergata, Gabriele Klingenberg. Joas berichtete aus dem Forum Macht und Gewaltenteilung von Lob für das umfangreiche Papier und den starken Realismus, der im Hearing zu erkennen gewesen sei. Pfarrer Otto berichtete aus dem Forum Priesterlicher Dienst von Gedanken zu verheirateten Priestern, die es schon gibt, sowie Überlegungen, was alles priesterlicher Dienst ist. Einer Verengung auf den Dienst des Pfarrers wurde eine Absage erteilt. Es kam die Frage auf, ob die priesterliche Ausbildung elitär sei. 

Von "Sprachlosigkeit und Einschüchterung" berichtete Matthias Sellmann aus dem Forum Priesterliche Existenz. Der Vorsitzende Stephan Buttgereit teilte dieses Erleben nicht, wollte es aber ernst nehmen und untersuchen. Isabella Vergata berichtete aus dem Hearing zum Forum Frauen in Diensten der Kirche. Christus repräsentieren sei nicht an das Geschlecht gebunden, wurde dort festgestellt. Der Begriff Persona ist schlecht definiert, stellte man fest. Dorothea Sattler betonte, Kirche könne Genderforschung nicht ignorieren, während die Religionsphilosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz sich dem allgemeinen Klagemodus widersetzte: „Das Christentum hat das Patriarchat abgeschafft.“ Und: Auch die Erlösung selbst setze kein Patriarchat durch. Mit Verweis auf die Kirchenlehrerin Hildegard von Bingen (1098–1179) erinnerte Gerl-Falkovitz daran, dass der Mensch nach der Auferstehung seine Geschlechtlichkeit behalte.  Das Forum werde in jedem Fall einen Text veröffentlichen, in dem man für das sakramentale Priestertum der Frau plädiere. Es komme dann auf die Synodalversammlung an, betonte Sattler. Demgegenüber hatte Bischof Voderholzer im Hearing erneut deutlich betont, dass das sakramentale Priestertum Männer vorbehalten sei. 

Ursachen der Krise

Prägend für den Stil der Veranstaltung war der Versuch, die Vielfalt der Ursachen für die Krise auf strukturelle Reformforderungen herunterzubrechen, ohne die persönliche Bekehrung des Einzelnen in den Fokus zu rücken. Die Religionslehrerin Gabriele Klingberg zog aus der Haltung ihrer Schüler, von denen sie „nicht angefragt, sondern attackiert“ werde, die Schlussfolgerung, „ohne Veränderung können wir sie nicht erreichen“. 

Ferner berichtete sie aus dem Forum „Leben in gelingenden Beziehungen“. Veränderungen seien dringend notwendig. Alle Menschen seien erwünscht in ihrem „So-Sein“. Kirchliche Richtlinien der Sexualmoral seien für Menschen nicht mehr relevant. Es brauche keine kirchlichen Statements mehr dazu. Mitglieder der Kirche hätten sich in ihrer Doppelmoral eingerichtet. Homosexuelle würden ausgegrenzt, wurde festgestellt, dies geschehe unter anderem, indem ihnen das Ehesakrament verweigert werde. 

Veränderungen dringend notwendig

Gabriele Klingenberg berichtete aus dem Forum „Leben in gelingenden Beziehungen“. Veränderungen seien dringend notwendig. Alle Menschen seien erwünscht in ihrem „So-Sein“ Kirchliche Richtlinien der Sexualmoral seien für Menschen nicht mehr relevant. Es brauche keine kirchlichen Statements mehr dazu. Mitglieder der Kirche hätten sich in ihrer Dopplemoral eingerichtet. Homosexuelle würden ausgegrenzt, wurde festgestellt, dies geschehe unter anderem, indem ihnen das Ehesakrament verweigert werde. 

Im Anschluss an die Berichte aus den Hearings nahmen die jeweiligen Vorsitzenden noch Stellung zu den Hearings. Einhellig wurde die gute Gesprächsatmosphäre betont. Es gebe positive Voten für ein Schuldbekenntnis der Kirche in Fragen von Macht und Missbrauch.

 

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