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Sexuelle Nötigung im Vatikan?

Die Aufklärung einer vermeintlichen Straftat hat jetzt das Bistum Eichstätt übernommen. Es ist auch ein Krieg der Anwälte.
Umtriebe im Vatikan
Foto: Evandro Inetti via www.imago-images.de (www.imago-images.de) | Ein deutscher Priester hat Anklage gegen seinen ehemaligen Vorgesetzten im Staatssekretariat erhoben, weil dieser ihn sexuell bedrängt und genötigt haben soll.

In Eichstätt hat am Montag eine erste Anhörung wegen der im Februar 2019 aufgekommenen Vorwürfe gegen einen Diözesanpriester und Prälaten des Bistums stattgefunden, bei denen es um sexuelle Nötigung geht, zu der es im vatikanischen Staatssekretariat gegen einen ihm unterstellten Mitarbeiter der Kurie gekommen sein soll. Der Münchener Strafrechtler Alexander Stevens, der zusammen mit der römische Kirchenrechtsanwältin Laura Sgrò die rechtliche Vertretung des mutmaßlichen Opfers übernommen hat, war eigens in die Altmühlstadt gereist, um mit Medienvertretern zu sprechen und Hintergründe auszuplaudern.

Die Staatsanwaltschaft eröffnet kein Verfahren

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Sein Mandant, ebenfalls ein deutscher Priester, habe Anklage gegen seinen ehemaligen Vorgesetzten im Staatssekretariat erhoben, weil dieser ihn sexuell bedrängt und genötigt haben soll. Ein Trumpf in der Hand von Anwalt Stevens: Seit November 2019 liegt eine eidesstattliche Erklärung eines weiteren Priesters vor, der in dem fraglichen Zeitraum – es geht ungefähr um die Jahre 2000 bis 2006 – ebenfalls im Staatssekretariat gearbeitet hat und mit dem Beschuldigten im gleichen Palazzo wohnte. Mehrfach, so heißt es in der eidesstattlichen Erklärung, die der „Tagespost“ vorliegt, habe ihn der deutsche Prälat zu sexuellen Handlungen gezwungen. 

Die Gegenseite war am Montag ebenfalls in Eichstätt anwesend. Vor der etwa fünfstündigen Anhörung, in der das vermeintliche Opfer vor einem vom Bistum bestellten Ermittler ausführlich zu Wort kommen konnte, präsentierte sich die Anwältin des beschuldigten Prälaten, Nicole Lehmbruck, den Medienvertretern. Doch auch Lehmbruck hat einen Trumpf in der Hand. Sie kann darauf verweisen, dass gegen den Beschuldigten bisher kein Ermittlungsverfahren geführt wird. Die Anwältin wörtlich: „Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt führt lediglich ein Vorermittlungsverfahren. Auch nach inzwischen bald eineinhalb Jahren Ermittlungstätigkeit mit zahlreichen Zeugenvernehmungen hat die Staatsanwaltschaft bis heute noch nicht einmal einen Anfangsverdacht in Bezug auf unseren Mandanten festgestellt.“ 

BILD lenkt den Verdacht auf Papst Benedikt

Schon seit geraumer Zeit lenkt die BILD-Zeitung den Verdacht, wer die eigentlichen schwarzen Schafe sind, in eine ganz bestimmte Richtung. Im Oktober vergangenen Jahres vermeldete das Boulevardblatt in großer Aufmachung: „Schwere Vorwürfe gegen den deutschen Papst. Hat Papst Benedikt Sextäter im Vatikan gedeckt?“ Anwalt Stevens schlägt in die gleiche Kerbe. Doch etwas dürftig klingt es, wenn Stevens als möglichen Grund für das Vertuschen angibt, es stehe immerhin „im Raum – so die BILD –, dass der Prälat dem damaligen Kardinal Joseph Ratzinger zum Papstamt verholfen habe“. Wie das geschehen soll, dass ein Vatikanprälat, der in der Kurie keine herausragende Position eingenommen hat, für das Konklave von 2005 wahlentscheidend war, müssen BILD und Stevens dem Publikum noch erklären. 

Viele in der Kurie wussten von den homosexuellen Neigungen des deutschen Prälaten. Warum wurden die Personalverantwortlichen im Vatikan nicht schon früher aktiv? Erfahren Sie ausführliche Hintergründe in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

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Guido Horst Benedikt XVI. Konklave Päpste Straftaten und Strafsachen

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