Der Münchner Pastoraltheologe Andreas Wollbold sieht im „Nein“ der vatikanischen Glaubenskongregation zur kirchlichen Segnung homosexueller Partnerschaften eine Chance für die Betroffenen. In einem Debattenbeitrag für die Wochenzeitschrift „Christ in der Gegenwart“ schreibt Wollbold, ernsthafte seelsorgliche Zuwendung gebe es nur mit einem starken Gegenüber. „Darin ist alles von einer tiefen Akzeptanz der Person (nicht aber ihres Verhaltens) getragen.“ Nur so helfe Seelsorge zu Selbstdistanz und Wachstum.
Seelsorger ist kein "Gut-Sager"
Darüber hinaus meint Wollbold, der an der Münchner Ludwig-Maximilian-Universität lehrt, ein Seelsorger verstärke die Neigung von sexuellem Begehren, Verlangen und Besitzen, alles andere zu vergessen und sich so gerade nicht auf das Größere und Umfassendere hin zu öffnen, wenn er nur als „Gut-Sager“ agiere. „Das ist auch der Grund, warum die Kirche die Keuschheit als wesentliche Voraussetzung einer wirklichen Gottesbeziehung erkannt hat.“ Alle Menschen, so Wollbold, bräuchten ein solches Gegenüber, unabhängig von der Form ihrer Beziehung.
Zugleich warnt Wollbold, dass Betroffene, „die häufig durch Phasen der Verunsicherung gehen“, in ihren Umfeldern kaum mehr ein Gegenüber finden würden, das ihnen wirklich helfe, „sich vor Gott und seinem Willen zu finden“.
In derselben Ausgabe der Wochenzeitschrift betont der Freiburger Dogmatiker Helmut Hoping, Segnungen homosexueller Paare müssten untersagt bleiben, „weil sie eine Analogie zum Trauungssegen bei der kirchlichen Eheschließung darstellen”. Mit der Entscheidung der Glaubenskongregation sei jedoch kein negatives Urteil über homosexuelle Personen verbunden, so Hoping.
Hoping: Kirche verurteilt Diskriminierung
Homosexuellen Personen sei mit Toleranz, Achtung und Respekt zu begegnen. „Diskriminierung im Sinne von Herabsetzung wird von der katholischen Kirche verurteilt.“ Die Kirche halte aber am wesentlichen „Unterschied“ zwischen der Ehe und gleichgeschlechtlichen Verbindungen fest. Auch der Moraltheologe Josef Spindelböck aus Trumau bekräftigt das Responsum der Glaubenskongregation: „Die Kirche kann Verbindungen nicht segnen, die eine Rechtfertigung sexueller Akte außerhalb der Ehe beinhalten”, schreibt er.
Die Gegenposition vertritt beispielsweise die Salzburger Moraltheologin Angelika Walser: Die kirchliche Lehre müsse auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse ernst nehmen. „Was Humanwissenschaften über die Bedeutung von Sexualität insgesamt sagen, all dies wird nach wie vor beharrlich ignoriert.” DT/mlu
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