Der Spaziergang durch Dublin vor dem Beginn des Weltfamilientreffens findet im Nieselregen statt. Auch sonst erfüllt die irische Hauptstadt alle Klischees, die sich über die „Grüne Insel“ angesammelt haben: massive Kirchengebäude, Brauereien, Pubs. Nur wer ganz genau hinsieht, kann im Stadtbild darauf schließen, dass in einigen Tagen der Papst zu Besuch kommt.
Geschmückte Häuser, Plakate für die Gegendemo
Die örtlichen Transportunternehmen werben mit Sonderfahrten, gelegentlich ist ein in den Farben des Vatikan geschmücktes Haus zu sehen.
Neben dem Dublin Castle wurde ein Medienzentrum eingerichtet, doch auch das ist eher unauffällig. Im Castle selbst läuft der normale Besucherbetrieb. Mitte August ist die Stadt voller Touristen. Vielleicht sind einige ja extra für den Papst gekommen.
Wer noch genauer hinschaut, entdeckt die Spuren der Gegenbewegung. In Irland sind nicht alle begeistert angesichts des Papstbesuchs. Neben Balkons mit Vatikan-Wimpeln hängen Plakate, die auf eine Demonstration von Laizisten am Samstag aufmerksam machen: „Eine Botschaft für den Papst: Wir werden Kirche und Staat trennen“.
Irland: Gesellschaft im Umbruch
Tatsächlich bekommen die Kirchenkritiker Aufwind. Zwar bezeichnen sich einem Zensus von 2016 zufolge noch 78 Prozent der Iren als katholisch, die Bindung zur Kirche nahm jedoch in den letzten Jahrzehnten drastisch ab. Die Beteiligung am sonntäglichen Gottesdienst nähert sich immer mehr dem Niveau Mitteleuropas an: Von 81 Prozent im Jahr 1990 sank der Anteil der regelmäßigen Gottesdienstbesucher bis 2006 auf 48 Prozent, um fünf Jahre später in Dublin nur noch 18 Prozent zu betragen.
Der Katholizismus dient offenbar vielen Iren zu kaum mehr als zur kulturellen Staffage, der gesellschaftliche Einfluss der Kirche schwindet, das religiöse Leben droht zu verkümmern. Gut, dass am Abend das Weltfamilientreffen beginnt. Mit einem Gebet.
DT
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