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Mensch von Anfang an

Woche für das Leben: Warum der Mensch auch vor der Geburt zählt. Von Bischof Heinz Josef Algermissen
Foto: Symbolbild: KNA | Aufklärung ist das Gebot der Stunde: Der Mensch ist von der Zeugung an Geschöpf Gottes mit unveräußerlicher Würde.

Die bundesweite Woche für das Leben wird am 29. April mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Kasseler Martinskirche eröffnet. Unter dem Motto „Kinderwunsch – Wunschkind – Designerbaby“ sollen die ethischen Herausforderungen einer technisierten Fortpflanzung thematisiert und bewertet werden.

In diesem Zusammenhang ist es mir wichtig, ein schweres Problem zur Sprache zu bringen, das sich mit der Präimplantationsdiagnostik (PID) verbindet, einer vorgeburtlichen Untersuchungsmethode. Dabei werden im Rahmen der sogenannten Reagenz-Befruchtung befruchtete Eizellen außerhalb des Mutterleibs auf genetische Fehler untersucht und geschädigte menschliche Embryonen vernichtet. Wir haben es also mit einer Pervertierung des Begriffs Diagnostik zu tun. Diagnose führt nämlich eigentlich zur Therapie, hier aber zur Tötung.

In der Diskussion über die PID wird fast immer die grundsätzliche Frage „Wann beginnt menschliches Leben?“ ausgelassen oder verdrängt. Um zu einer ehrlichen Antwort zu kommen, gilt es indes, die ethischen Grundsätze im Zusammenhang mit dem Lebensbeginn wie die Frage nach der Personalität des ungeborenen menschlichen Lebens, nach seinen Rechten und seinem Schutz ins Bewusstsein zu bringen.

Die Position des katholischen Lehramts ist eindeutig und klar. Sie wurde in der Instruktion der Kongregation für die Glaubenslehre „Dignitas personae – Über einige Fragen der Bioethik“ vom 8. September 2008 noch einmal bestätigt, dass nämlich bereits die befruchtete menschliche Eizelle auf eine volle menschliche Person angelegt ist und infolgedessen die gleiche unbedingte Achtung und den gleichen Schutz verdient wie eine erwachsene Person. Der Moment der Zeugung ist für die Kirche der entscheidende Ausgangspunkt ihrer Urteile.

Damit der Glaube vor der Vernunft bestehen kann, werden im Wesentlichen vier Argumente angeführt:

Selbst beim frühesten menschlichen Embryo handelt es sich um menschliches Leben. Der Mensch entwickelt sich im embryonalen Status nicht zum Menschen, sondern als Mensch.

Im menschlichen Embryo ist bereits alles angelegt und vorhanden. Wenn man ihn in der entsprechenden natürlichen Umgebung belässt, wird sich daraus ein erwachsener Mensch entwickeln.

Jeder Mensch hat sein Leben als Embryo begonnen und dieser Embryo hat bereits das individuelle Genom, das für einen ausgewachsenen Menschen spezifisch ist.

Die menschliche Entwicklung vollzieht sich prozesshaft. Es gibt nach der Befruchtung keine eindeutige Grenze mehr, ab der man sagen könnte: Von hier an beginnt etwas qualitativ Neues, beginnt etwa das Person-Sein.

Durch die genetische Diagnostik wird ein im Reagenzglas erzeugter Embryo, dessen Existenz als Mensch mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle begonnen hat, überprüft und im Falle einer Belastung vernichtet, menschliches Leben also getötet. Im Klartext: Diese Form der Diagnostik fördert die Tendenz, nicht nur nach den Schwächen eines Menschen im frühen Stadium zu fahnden, sondern nach den Schwachen, und sie dann umzubringen. Die Auswahl zwischen „Wertvollen“ und „Unwerten“ ist aber unter der Würde des Menschen. Die Präimplantationsdiagnostik „ist in jeder Hinsicht und von vorneherein auf Selektion von menschlichem Leben ausgerichtet und daher ist ihr aus ethischer Sicht entschieden zu widersprechen“ (Wort der deutschen Bischofskonferenz zu Fragen von Gentechnik und Biomedizin, 2001).

Die bevorstehende „Woche für das Leben“ wird dann ein Erfolg werden, wenn es im Kontext dieses bioethischen Problems zu einem Erkenntnisprozess kommt und zur Einsicht, dass das menschliche Leben nicht von willkürlichen individuellen Qualitätskriterien abhängen darf, vielmehr bedingungslos anzunehmen ist. Alles andere wäre ein Aufweichen der katholischen Position.

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Kirche

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28.03.2024, 21 Uhr
Regina Einig