Der Limburger Bischof Georg Bätzing kann sich grundsätzlich vorstellen, den verpflichtenden Zölibat aufzuheben. „Die Ehelosigkeit ist mit dem Priesteramt nicht wesentlich verbunden. Wenn sie mehr und mehr zum Hindernis wird, dann müssen wir das überdenken“, so Bätzing im Interview mit dem hessischen Radiosender „hr-info“. Er glaube, es schade der Kirche nicht, wenn Priester frei wären zu wählen, ob sie die Ehe leben wollten oder lieber ehelos lebten.
"So hat Jesus gelebt"
Gleichzeitig erklärte Bätzing, dass ihm der Zölibat viel wert sei, „denn so hat Jesus gelebt“. Als Priester wolle er nicht nur Funktionär und Beamter sein, sondern in den Fußstapfen Jesu gehen. Entscheidend ist für den Limburger Bischof die Frage: „ Wie kann ich das eine als eine Lebensform retten und das andere ermöglichen?“ Man müsse einen Weg finden, die eine wie die andere Lebensform zu stärken. Auf die Frage, was er konkret tun wolle, um eine Freistellung voranzubringen, meint Bätzing, dass er sich als Bischof nicht aus der kirchlichen Gemeinschaft heraus begeben könne. „Im Zweifel stehe ich im Dilemma.“
Die Forderungen nach radikalen Reformen der katholischen Kirche, wie sie beispielsweise jüngst in einem offenen Brief einiger deutscher Theologen an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, gerichtet wurden, seien nichts Neues, so Bätzing. „Wir werden an all diese Fragen herangehen. Aber ich weiß nicht, ob diese weitestgehenden Forderungen, die da gestellt werden, tatsächlich umsetzbar sind.“
Alte Konzepte von Kirche und Glaubensvermittlung tragen nicht mehr
Grundsätzlich ist für Bätzing dennoch klar: „Die alten Konzepte von Kirche und Glaube und Glaubensvermittlung und Sozialformen des Glaubens tragen nicht mehr.“ Noch habe die Kirche zwar eine hohe gesellschaftliche Relevanz. Die eigentliche Herausforderung bestehe jedoch darin, Menschen mit dem Glauben zu berühren. „Da hakt es“, so Bätzing.
Im Vatikan beginnt heute eine mehrtägige Konferenz, um über den Umgang der Kirche mit sexuellem Missbrauch zu diskutieren. Daran werden die Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen weltweit teilnehmen. Zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle erklärte Bätzing, die Kirche habe lange Zeit den verkehrten Blick eingenommen. „Wir haben auf uns geschaut. Schadet das der Kirche? Was muss man tun, um Schaden abzuwenden“, so Bätzing. Dabei habe man nicht gesehen, dass Menschen so verwundet sind, dass sie ihr Leben nicht unter Kontrolle kriegen würden. Stattdessen müsse die Kirche die Opferperspektive einnehmen.
DT/mlu
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