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Kommentar um "5 vor12": Der Kirche fehlt eine Verantwortungskultur

Vertuschung von sexuellem Missbrauch ist ein harter Vorwurf. Dennoch darf niemand auf Grund von unbewiesenen Vorwürfen vorverurteilt werden. Es fehlt in der Kirche an Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.
Mikrofone auf einer Pressekonferenz
Foto: imago stock&people | Der öffentliche Druck auf Vertreter der Kirche wächst. Es fehlt eine Kultur der Verantwortungsübernahme in der Kirche. Im Bild: Mikrofone auf einer Pressekonferenz

Der Erzbischof von Hamburg lässt seine Tätigkeit als geistlicher Assistent des ZdK ruhen. Das ist noch kein Rücktritt, doch es ist ein Signal. Die Begründung ist allerdings nicht der gegen den Erzbischof erhobene Vorwurf der Vertuschung. Als Grund wird die Debatte um den Vorwurf angegeben. Es ist offensichtlich Heßes Absicht, Schaden vom ZdK und von der Vollversammlung abzuwenden. So weit, so gut.

Gute Absicht reicht nicht

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Die Absicht ist gut und es mag gelungen sein. Gleichwohl werden nach so einem Schritt die Stimmen nicht verstummen, die ein Schuldeingeständnis darin sehen und weitere Schritte bis hin zum Rücktritt fordern. Dabei ist es kein triviales Problem, ob ein schuldig gewordener Bischof den politischen Weg des Rücktritts oder den kirchlichen Weg des Büßerlebens – vielleicht sogar im Amt - wählen sollte, falls ihm eine Schuld unzweifelhaft nachzuweisen ist oder er eine solche selbst eingesteht. Diese Debatte wird zu führen sein. Es geht dabei nicht zuletzt darum, welche Maßnahme von den Menschen unserer Zeit verstanden wird. Es kann und darf jedoch nicht sein, dass Rücktritt ohne bewiesene Schuld verlangt werden. Eine Vorverurteilung ist immer abzulehnen. Alle Forderungen nach Konsequenzen rein auf Basis erhobener Vorwürfe oder Unterstellungen sind Feme- oder Lynchjustiz. Das darf nicht sein. 

Übernahme von Verantwortung

Zugleich ist allerdings zu beklagen, dass es in der Kirche an einer Kultur der Verantwortungsübernahme fehlt. Egal wohin man schaut, in den USA, in Irland, in Deutschland nahezu überall steckt die Kirche in existenziellen Nöten. Überall hat der skandalöse Umgang mit sexuellem Missbrauch durch Kleriker an Minderjährigen dazu geführt, dass die Kirche die schlimmste Krise seit Jahrhunderten durchleben muss. Doch wo ist die Übernahme von Verantwortung? In der Kirche sind es in letzter Konsequenz immer Personen, die entscheiden. Insofern sind es auch Personen, die sich zur Verantwortung bekennen müssen. Wie die Konsequenzen aus der Übernahme von Verantwortung konkret auszusehen haben, ist im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden. 

Lesen Sie mehr zur Debatte um eine Kultur der Übernahme von Verantwortung in der Kirche in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

Themen & Autoren
Peter Winnemöller Geistliche und Priester

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