Sanfte Selbstkritik üben die Bischöfe Österreichs in ihrem Hirtenwort zu Pfingsten: Manche hätten den Eindruck gehabt, „dass wir vorrangig mit unseren eigenen Angelegenheiten beschäftigt gewesen wären“. Und sie bitten „um Entschuldigung, wo dies der Fall war und dadurch die konkreten Anliegen der Menschen zu kurz gekommen sind“.
Wie ein Vollzugsorgan staatlicher Behörden
Tatsächlich wurden viele Christgläubige nicht satt von Livestream-Messen, Telefonseelsorge, Caritas und digitaler Kirche, weil sie zwei Monate lang nach der Eucharistie hungerten, nach gemeinschaftlicher Feier dürsteten. Und viele haben es satt, die Kirche als eine Behörde zu erleben, die weiter eifrig Kirchensteuer einzieht, sich aber seelsorglich und sakramental von den Menschen zurückzieht.
So bemüht viele Bischöfe und Priester waren, wirkte die Bischofskonferenz doch streckenweise wie ein Vollzugsorgan staatlicher Behörden: Mit Rahmenordnungen, Verhaltensmaßgaben, Vorschriften, Verboten, Auflagen… Mit ihrem pfingstlichen Hirtenwort haben Österreichs Bischöfe in ihre Rolle als Seelsorger und geistliche Lehrer zurückgefunden. Gott sei Dank!
Hirtenwort weitet den Blick
Der Tunnelblick auf das Corona-Virus und die übereifrige Umsetzung von Regierungsvorgaben scheint zu Ende. Das Hirtenwort weitet den Blick auf die vielfältigen Nöte und Kollateralschäden dieser Krise, und lädt zu Haltungen ein, die zutiefst christlich und darum befreiend sind. Vom Geist der Dankbarkeit und Demut, der Versöhnung und Verbundenheit, der Aufmerksamkeit und Solidarität, der Wertschätzung und Lernbereitschaft ist da die Rede; von Achtsamkeit, Geduld, Entschlossenheit und Lebensfreude. All das zu leben, ist die Herausforderung der Stunde. Nicht nur für Christen, aber warum sollten Christen hier nicht Vorbilder sein?
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