Meine erste Begegnung mit Klaus Berger ist mir bleibend in Erinnerung. Er war eingeladen, im Rahmen einer Ringvorlesung im Wintersemester 1993/94 an der Uni München zum gerade auch auf Deutsch erschienenen „Katechismus der Katholischen Kirche“ die Sichtweise eines Exegeten vorzutragen. Gerade aus exegetischer Sicht war der Katechismus ja von Anfang an regelrecht zerrissen, sein Schriftgebrauch als vor-kritisch usw. niedergemacht worden. Klaus Berger begann autobiographisch.
Ein flammendes Plädoyer für den Katechismus
Es bewege ihn, so Berger, dass er in demselben Hörsaal, in dem er einst seinem Lehrer Otto Kuss an den Lippen gehangen sei, nun über den neuen Katechismus sprechen dürfe. Otto Kuss sei auch ein schwieriger Mensch gewesen. Er habe nicht nur die These seiner Dissertation für häretisch gehalten, sondern auch seine Priesterweihe verhindert. Umso mehr freue es ihn, Berger, nun im Katechismus seine damalige These bestätigt zu finden, dass nämlich die Lehre Jesu inhaltlich nicht über das im Alten Testament Mögliche hinausgehe. Das Neue sei eben Jesus selbst.
„Aber Sie sehen“, so schloss Berger die Einleitung, „wieder einmal hatte das gespannte Verhältnis von Lehramt und Exegese ein Opfer gefunden“. Wer nun freilich mit einer nochmaligen Aufgipfelung der exegetischen Kritik am Katechismus gerechnet hatte, sah sich bald getäuscht. Es kam ein flammendes Plädoyer für den Katechismus, dessen Schriftgebrauch durch die Einbeziehung von Liturgie und patristischer Auslegung den nur historisch-kritischen Zugang positiv ergänze. Für mich und mein Dissertationsprojekt war dies eine gewaltige Ermutigung.
Nie verbittert
Seither verfolgte ich Klaus Bergers Publikationen, die ich immer anregend fand, ganz aktuell noch seine kleine Debatte mit Johanna Rahner in der Herder Korrespondenz. Dass er über seinem Zerwürfnis mit seinem Lehrer nicht verzweifelt und verbittert ist, sondern bis zuletzt ein kirchlich-kritischer, auch kritisch-selbstkritischer (vgl. Karl Barths Diktum!) Exeget geblieben ist, rechne ich ihm hoch an. Seine Stimme wird mir fehlen.
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