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Kardinal Müller verteidigt Benedikt-Text zur Missbrauchskrise

Die Anmerkungen des emeritierten Papstes seien die tiefgründigste Analyse der Genese der Glaubwürdigkeitskrise der Kirche in Fragen der Sexualmoral, so der Kurienkardinal Gerhard Müller.
Kardinal Müller verteidigt Benedikt
Foto: Sven Hoppe (dpa) | Mit „Worthülsen“ wie Klerikalismus oder der Forderung nach einer Sexualmoral nach dem egoistischen Lustprinzip lasse sich kein Weg aus der Krise finden, so Müller.

Kurienkardinal Gerhard Müller hat das Schreiben des emeritierten Papstes Benedikt XVI. zur Missbrauchskrise verteidigt. Der vergangene Woche veröffentlichte Text sei die „tiefgründigste Analyse der Genese der Glaubwürdigkeitskrise der Kirche in Fragen der Sexualmoral und intelligenter als alle Beiträge beim Gipfel der Vorsitzenden der Bischofskonferenzen zusammen“, so der 71-Jährige im Gespräch mit dem österreichischen Internet-Portal „kath.net“.

Müller: Das Übel beim Namen nennen

Nicht mit „Worthülsen“ wie Klerikalismus oder der Forderung nach einer Sexualmoral nach dem egoistischen Lustprinzip lasse sich ein Weg aus der Krise finden, so Müller, sondern nur wenn das Übel beim Namen genannt werde. Der Zusammenbruch der bürgerlichen Moral in der „globalen sexuellen Revolution“ und der missglückte Versuch einer katholischen Moralbegründung ohne das Naturrecht und die Offenbarung hätten bei vielen zu einer Zerrüttung des sittlichen Gewissens geführt.

Nach der Veröffentlichung seiner Anmerkungen hatten zahlreiche Moraltheologen Benedikt für seine Analyse kritisiert. Diesen wirft Kardinal Müller vor, weder zu glauben noch zu denken. „Von Kritikern kann man nicht sprechen, denn das Wort Kritik heißt, geistig anspruchsvolle Dinge zu unterscheiden, um damit einen Beitrag im Verständnis wichtiger Fragen zu leisten.“ Man spreche von Erneuerung und Anpassung, so der Kurienkardinal, und meine nur Anpassung an die eigene Dekadenz.

"Ihr Weltbild besteht in der primitiven Unterscheidung von progressiv und konservativ"

Darüber hinaus bezeichnete es Müller als „Skandal“, dass katholische Bischöfe Plattformen finanzierten und die Kirchensteuer „zweckentfremden“, die eindeutig Positionen vertreten würden, die mit der katholischen Glaubens- und Sittenlehre im Widerspruch stünden. „Es ist mir natürlich klar, dass die das anders sehen, weil sie nach eigenem Gutdünken definieren, was katholisch ist“, so der Kurienkardinal. „Ihr Weltbild besteht in der primitiven Unterscheidung von progressiv und konservativ.“

DT/mlu

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