
Die Gemeinschaft „Comunione e Liberazione“, die das Meeting jetzt seit über vierzig Jahren organisiert, ist stattdessen mit einer Spezial-Ausgabe des Treffens in ein kleineres Kongresszentrum gezogen, wo man vor wenigen hundert Teilnehmern die 41. Ausgabe des Meetings absolviert, das diesmal – der Corona-Epidemie geschuldet – ganz ins Internet gewandert ist. Am Veranstaltungsort in Rimini selbst sitzen nur wenige hundert Personen, mit Mundschutz und Sicherheitsabstand, und hörten am Dienstag den Eröffnungsvortrag von Mario Draghi. Das war eine gute Wahl. Der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank – vorher war er Präsident der Italienischen Nationalbank und hatte als solcher bereits das Meeting besucht – hielt eine politische Rede, aber in allerweitestem Sinne, so wie man es von den Verantwortlichen im Stiefelstaat auch einmal ganz gerne hört.
Es ging um die Jugend und um die kommenden Generationen, die nicht zu Opfern der Corona-Krise werden dürften, es ging um den wirtschaftlichen Aufbruch nach den verheerenden wirtschaftlichen Folgen der Epidemie, es ging um die gewaltigen Herausforderungen, vor denen Italien steht, nicht nur in rein wirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch in Fragen der ethischen Verantwortung für die jungen Menschen und die Generationengerechtigkeit.
Generationengerechtigkeit im Mittelpunkt
Nach dem Klein-Klein, das die Menschen in Italien in den letzten Monaten zur Corona-Krise gehört hatten, waren das ganz andere Töne. Man soll Diskotheken öffnen, dann werden sie wieder geschlossen, woher bezieht man die Ein-Personen-Bänke für die Schulräume, wieviel Maske muss es auf Straßen und Plätzen sein, wieviel Infizierte kommen mit den Flüchtlingen ins Land... Die Regierung verteidigt jeden Schritt, die Opposition findet alles falsch – und so weiter und so fort. Da war Draghi eine Stimme, die das Ganze in den Blick nahm, und zwar den konkreten Menschen, dem der Staat jetzt nicht die Zukunft verbauen dürfe.
Kein Wunder, dass der Auftritt des Finanz-Politikers beim Meeting in Rimini die erste Meldung in den abendlichen Nachrichten des Fernsehens und auf den ersten Seiten der Zeitungen des nächsten Tages war.
Katholikentreffen wieder Topthema in Italien
Dass Draghi von einer durch und durch katholischen Veranstaltung aus seine Botschaft lancieren konnte, zeigt, dass die Kirche auch in Corona-Zeiten wahrgenommen werden kann und sich nicht in den gesellschaftlich nicht relevanten Seuchenwinkel zurückziehen muss.
Natürlich ist der parteilose Draghi, den Papst Franziskus im vergangenen Juli in die Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften berufen hat, der sich aufbauende Krisenmanager am politischen Horizont Italiens, der nach dem Vorbild von Mario Monti von 2011 auch die Regierungsgeschäfte des Landes übernehmen könnte, wenn das übliche Parteiengezänk die Corona-Krise nicht mehr überwinden kann. Dass er jetzt beim Meeting den Hut in den Ring warf, ist dabei ein Plus für die Kirche.
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen. Kostenlos erhalten Sie die aktuelle Ausgabe hier.