Die Kirche ist nicht einfach eine Firma. Die Kirche basiert auf einem offenbarten Glauben. Sie ist Subjekt der Verkündigung und dabei selber Objekt dieses Glaubens, den sie verkündigt. Für ihre Angestellten ist die Kirche in Gestalt der jeweils konkreten Dienststelle ein gewöhnlicher Dienstherr und Arbeitgeber. Was bei einer Bürokraft, einem Handwerker oder einer Pflegekraft keinen Unterschied zu einer anderen Behörde oder Firma macht, ist beim pastoralen Personal deutlich anders. Bei einer Pastoralreferentin sind Irrtümer im Glauben ein Drama, ein persönliches aber auch ein kirchliches.
Ein großes Drama
Ein solches Drama ereignete sich jüngst in Potsdam, wo eine Pastoralreferentin in der vergangenen Woche aus der Kirche ausgetreten ist und diesen Kirchenaustritt auf der Webseite der Gemeinde bekannt gab. Die Kirche nannte sie eine „gottgewollte feudale Diktatur“. Diese verkünde in ihren Taten einen Gott der Mächtigen, der Opfer preisgebe und Täter schütze. Sie bekannte, an den Gott, den die Kirche verkündige, nicht mehr zu glauben und sie sei deshalb aus der Kirche ausgetreten. Der Pressesprecher des Erzbistums Berlin twitterte auf seinem persönlichen Twitteraccount, ihn lasse so etwas nicht kalt. Bitte, wie soll das den jemanden kalt lassen? Ein Mensch, der auf diese Weise auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft vielleicht sogar nach Jahrzehnten sein bisheriges Lebenswerk mit einem Federstrich hinwirft, darf einen nicht kalt lassen. Es muss aufwühlen und es muss Fragen aufwerfen.
Die Frage der Ausbildung
Es spricht Bände, wenn bei der Kirche hauptamtlich angestellte Laien über viele Jahre im pastoralen Dienst arbeiten und eine solche Fülle an Irrtümern mit sich herum tragen. Es spricht ferner Bände über die Einstellungspraxis der Kirche, wenn nicht von Anfang an auf einen kirchlichen Glauben wert gelegt und dies auch klar kommuniziert wird. Es spricht des weiteren Bände über den Mangel an Fürsorge für die Angestellten, wenn jemand mit Zweifeln in einem solchen Ausmaß über Jahre im Seelsorge- und Verkündigungsdienst der Kirche belassen wird. Am Ende sind es auch die dramatischen Unterlassungen in der geistlichen Ausbildung, die zwingend untrennbar zu einer pastoralen Ausbildung gehört. Wenn es ernst gemeint ist, dass so ein Vorgang die Leitungsebene der Kirche nicht kalt lässt, dann sollten pastorale Angestellte schleunigst eine größere Aufmerksamkeit erfahren.
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.