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Ermutigung für die Christen im Orient

Die Reise von Papst Franziskus in den Irak hat ihre Risiken und Nebenwirkungen. Aber sie könnte die vergessenen und bedrängten Christen in Nahost neu in den Blick rücken.
Christen in Nahost
Foto: Ameer Al Mohmmedaw (dpa) | Irak, Bagdad: Ein Rosenkranz hängt über dem Gewehr eines Polizisten während er Wache steht vor der Mar Youssif Chaldean Church.

Christen sind eine kleine, vielfach zurückgesetzte und diskriminierte Minderheit, und sie werden immer stärker marginalisiert. Und dies nicht irgendwo, sondern in jenen Ländern, in denen sie seit der Zeit der Apostel Heimatrecht beanspruchen. Das katholische Studien- und Medienzentrum CCSM in Jordaniens Hauptstadt Amman schlägt Alarm: „Es ist traurig, festzustellen, dass der durch Kriege und Verfolgung verursachte Verlust von Christen aus dem Nahen Osten, insbesondere aus Syrien und dem Irak, mit hoher Geschwindigkeit voranschreitet.“

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Der Westen scheint sich kaum zu interessieren

Der Westen scheint sich dafür kaum noch zu interessieren. Zu schwergewichtig und überfordernd sind die eigenen Probleme, Nöte und Sorgen. Aber der Westen trägt durch Ignoranz und Fehlhandlungen, durch Sünden und Unterlassungssünden Mitschuld am Drama der Christen in Nahost.

Papst Franziskus setzt eine Zeichenhandlung, die weltweite Beachtung verdient, wenn er Anfang März in den Irak reist, um die leidgeprüften Christen an Euphrat und Tigris zu besuchen. Lange hatten die Kirchenführer im Zweistromland auf diesen Besuch des Heiligen Vaters gedrängt. Dennoch kommt er zu einem überraschenden Moment, denn die Corona-Pandemie tobt auch im Orient. Wenn die Christen nun Franziskus beim ersten Papstbesuch in der Geschichte des Landes nicht nahekommen können, werden sie traurig und enttäuscht sein. Wenn sie ihm – und damit einander – aber nahekommen, werden sie sich den Vorwurf zuziehen, zur Verbreitung des Virus beizutragen.

Franziskus geht ein hohes Risiko ein

Der Papst geht mit seinem Besuch ein hohes Risiko ein: für sich und seine Schwestern und Brüder im Glauben. Nicht nur wegen Corona, sondern auch weil die Sicherheitslage – wie die Anschläge der vergangenen Tage zeigten – alles andere als zufriedenstellend ist. Unter widrigen Umständen stemmt sich der Petrusnachfolger gegen die Marginalisierung der Christen in Nahost. Das ist vor allem, aber nicht nur eine Ermutigung für die Gläubigen im Orient. Wenn es dem Papst mit seinem Besuch gelingt, das Schicksal der Christen im Irak über die Wahrnehmungsschwelle einer abgestumpften Weltöffentlichkeit zu heben, dann ist seine Reise jedenfalls ein Erfolg.

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