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Deutscher Vatikan-Botschafter: Kirche leidet unter Missbrauchskrise

Die allermeisten Kirchenleute wüssten um die verheerende Wirkung der Missbrauchskrise, so Deutschlands Vatikan-Botschafter, Michael Koch. Gleichzeitig seien andere Organisationen auch nicht besser mit Missbrauchsfällen umgegangen als die Kirche.
Deutscher Vatikan-Botschafter lobt Papst Franziskus
Foto: Evandro Inetti (ZUMA Wire) | Dank des energischen Wirkens von Papst Franziskus sei die Kirche im Umgang mit Missbrauch inzwischen viel weiter, so Vatikan-Botschafter Koch.

Für Deutschlands Botschafter beim Heiligen Stuhl, Michael Koch, steht fest, dass die Autorität der Kirche unter der Missbrauchskrise gelitten habe und weiter darunter leide. Die allermeisten Kirchenleute wüssten um diese verheerende Wirkung, so Koch im Gespräch mit der „Katholischen Nachrichten-Agentur“ (KNA). „ Das hat auch damit zu tun, dass viele nicht unberechtigt den Eindruck haben, der Umgang der Kirche mit dem Problem, nachdem sich dessen Umriss abzuzeichnen begann, weise erhebliche Defizite auf.“

Papst zeigt mit Zeichen und Gesten über katholische Welt hinaus Wirkung

Fairerweise müsse man aber hinzufügen, dass es keine andere Organisation gebe, in der es ebenfalls zu Missbrauchsfällen gekommen sei, die damit besser umgegangen wäre als die katholische Kirche, so Koch, der seit einem dreiviertel Jahr das Amt des Vatikan-Botschafters innehat. Dank des energischen Wirkens von Papst Franziskus sei die Kirche inzwischen viel weiter. „Aber sie muss dranbleiben, deutlich machen, dass sie sich konsequent auf die Seite der Opfer stellt und aufklärt.“

Im KNA-Gespräch äußerte sich Koch auch zum Umgang des Papstes mit Migranten und Flüchtlingen. Einer von Franziskus' großen Erfolgen bestehe darin, dass er mit dem, was er sage, und vor allem mit seinen Zeichen und Gesten weit über die katholische Welt hinaus Wirkung erziele. Er glaube nicht, so Koch, dass sich der Papst da verrenne. „Bei diesem Thema kann er besonders deutlich machen, dass gutes christliches Handeln vor allem konkret sein muss, eine Hinwendung zum einzelnen leidenden Menschen. Dies zu transportieren, gelingt diesem Papst besonders gut.“ Deswegen sei Franziskus auch bei Menschen, die nie in die Kirche gehen, so hoch geachtet.

Koch: Papst will durch "Propaganda der Tat" für Glauben werben

Den Einwand, dass der Papst dafür aus den eigenen Reihen dafür auch Skepsis und Anfeindung erfahre, kommentiert Koch mit den Worten: „So ist das eben. Ich glaube, Franziskus ist ein Papst, der den Streit um ein solches Thema nicht fürchtet und ihn in Kauf nimmt.“ Sein Vorgehen sei nicht bestimmt von dem Wunsch, einzelne Gruppen von Menschen zu erreichen. Man erlebe den authentischen Franziskus. „Er sieht seine Aufgabe vor allem darin, durch eine Propaganda der Tat für den katholischen Glauben zu werben.“

DT/mlu

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