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Cotignac: Der einzige Ort einer Josefserscheinung

Cotignac in Frankreich ist der einzige Ort weltweit, an dem der Heilige Josef erschienen ist. Das Dorf wurde damit zu einem weltkirchlich einzigartigen Gnadenort, weil dort zuvor auch schon die Gottesmutter mit dem Jesuskind erschienen war.
Josefsstatue mit Jesuskind auf dem Arm
Foto: IN | Der 1. Mai steht in Cotignac nicht nur im zeichen der Marienverehrung. Auch das Fest des heiligen Josef ist vielen Gläubigen einen Besuch wert.

Cotignac in der Provence ist der einzige Ort der Welt, an dem sich eine kirchlich anerkannte Erscheinung des Josef von Nazareth ereignet hat. Gut 140 Jahre nachdem sich die Gottesmutter mit dem Jesuskind auf dem Arm dort gezeigt hatte.

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Unbekannter Erscheinungsort

Das Dorf im Südosten Frankreichs ist hierzulande eher weniger bekannt. Mit seinen etwas über 2 000 Einwohnern ist Cotignac auch heute noch ein überschaubarer Ort fern des touristischen Trubels der Cote d'Azur, ungefähr fünfzig Kilometer Luftlinie zum Küstenort Hyères. Mit seinem lang gestreckten Felsen oberhalb der Wohnhäuser und den steinzeitlichen Höhlen, dem Flüsschen Cassolle, welches das Dorf durchzieht, um schließlich außerhalb der Ortschaft einen zehn Meter hohen Wasserfall hinab zu stürzen, ist es eine absolute Sehenswürdigkeit in der malerischen Region der Provence. Gleichzeitig ist Cotignac nicht nur für Franzosen ein beliebtes Pilgerziel, als Schauplatz gleich zweier von der Kirche anerkannten Erscheinungen. Eine davon ist die einzige und einmalige des heiligen Josef von Nazareth, des Verlobten der Gottesmutter, Schützer und Nährer der seligen Jungfrau und des göttlichen Kindes.

Es geschah am 7. Juni des Jahres 1660, an einem brüllend heißen Frühsommertag. Der junge Hirte Gaspard Ricard d'Etienne hütete wie immer seine kleine Herde mit Schafen nördlich des Ortes, am Fuße des Bessillon genannten Berghangs. Die Tiere fanden kaum frisches grünes Futter, alles war in der Glut verdorrt, einzig wilder Wacholder und Bergbohnenkraut boten den Tieren etwas Nahrung. Seine Wasserflasche war schon lange leer. So stieg er höher mit ihnen, um vielleicht etwas Schatten im Schutz der Bäume und einen Wasserlauf für sich und die Mutterschafe mit ihren Lämmern zu finden, als ein Schwächeanfall den Zweiundzwanzigjährigen zu Boden gehen ließ. Quälender Durst und die verzehrende Hitze hatten ihn ermattet, fast war er überzeugt davon, dass sein letztes Stündlein gekommen war.

Gerettet durch den Heiligen Josef

Da tauchte ein beeindruckender, hochgewachsener Mann vor ihm auf, von kräftiger Gestalt und mit einer gütigen Stimme. Der Fremde stellte sich mit den Worten „Ich bin Josef“ vor, gesprochen im provenzalischen Dialekt der Region. Dann zeigte er auf einen Felsblock in der Nähe und sagte: „Hebe diesen Felsblock auf, und du wirst trinken können.“ Doch der Schäfer erwiderte ihm entmutigt, dass er das nicht tun könne, denn der große Stein sei viel zu schwer für seine Kräfte. Mit sanfter Stimme ermutigte ihn der Unbekannte noch einmal: „Hebe diesen Felsblock auf, und du wirst trinken können.“ Da stand Gaspard mit letzter Kraft auf, ging zu dem Felsblock hinüber, auf den der Fremde gedeutet hatte und hob ihn mühelos schon beim ersten Versuch zur Seite. Darunter fand er eine munter sprudelnde Quelle mit wohlschmeckendem Wasser, an der er und seine Schafe ihren Durst löschten.

Als Gaspard sich bei dem Fremden bedanken wollte, wie es sich gehörte, war dieser jedoch verschwunden. Weil ihm, zurück im Heimatdorf, niemand glauben wollte, denn alle Bewohner waren sicher, dass es am Bessillon weder Quellen noch Bachläufe gebe, forderte er sie auf, ihm an Ort und Stelle zu folgen. Dort floss das Wasser in Strömen und die Menschen brachen in Rufe des Erstaunens und der Verwunderung aus, die sich weiter steigerten, als sie feststellen, dass der Felsblock, den Gaspard ihnen wies, nur mit den vereinten Kräften von acht Männern zu bewegen war.

Heilkräftiges Wasser

„Der heilige Josef war da, er hat mir die Kraft dazu verliehen!“, verkündete nun Gaspard. Alle knieten nieder, um dem Verlobten der Gottesmutter Dankgebete darzubringen. Als das Wasser der Quelle sich dazu noch als äußerst heilkräftig erwies, besuchten immer mehr Gläubige den Besillon. Von den Spenden der dankbaren Pilger konnte eine Brunneneinfassung sowie eine Kapelle zu Ehren des Zimmermanns gebaut werden.

Mit der Erscheinung des heiligen Josef wurde Cotignac zu einem weltkirchlich einzigartigen Gnadenort, weil sich dort die ganze Heilige Familie gezeigt hatte. Denn im Jahre 1519 war dem Handwerker Jean de la Baume an einem mit Eichen bestandenen Berg namens Mont Verdaille die Gottesmutter mit dem Jesuskind auf dem Arm erschienen, während er eine Rast gemacht hatte, um zu beten. Die Madonna stand in Begleitung des Erzengels Michael, Katharina von Alexandria und Bernhard von Clairvaux auf einem Kreuz aus Licht. Jean erzählt zunächst niemandem von dieser Erscheinung, kommt aber am Tag darauf wieder an dieselbe Stelle, um zu beten. Diesmal spricht Maria, denn sie hat einen Auftrag für ihn: „Ich bin die Jungfrau Maria. Sagen Sie den Geistlichen und Stadträten von Cotignac, dass sie mir hier eine Kirche mit dem Namen Notre-Dame-de-Grace bauen. Sie sollen Prozessionen abhalten, um die Gnaden zu erhalten, die ich zu vergeben habe.“

"Sonnenkönig" Gebetserhörung seiner Eltern

Die Gnadenkapelle von Cotignac, die wunschgemäß errichtet wurde, sollte noch eine wichtige Rolle in der Geschichte der französischen Königsdynastie spielen. König Ludwig XIII. den man auch Ludwig den Gerechten nannte, war sehr jung mit Anna von Österreich verheiratet worden. Das fromme Königspaar wartete 23 lange Jahre verzweifelt auf die Geburt eines Erbprinzen, der die Linie fortführen sollte.

Es war in Cotignac, wo der als Bruder Fiacre bekannt gewordene Augustinermönch am 27. Oktober 1637 eine göttliche Offenbarung durch die selige Jungfrau empfing: Das Königspaar solle öffentlich drei Novenen im Namen Unserer Lieben Frau von der Gnade in Cotignac verrichten. So geschah es auch. Tatsächlich wurde der Thronfolger neun Monate später geboren, weshalb der spätere Ludwig XIV., der Sonnenkönig, auch den Taufnamen Dieudonné – von Gott geschenkt – erhielt. Er war es auch, nachdem er die überirdische Geschichte von Cotignac erfahren hatte, der für Frankreich den 19. März als verbindlichen Feiertag einführte. Bruder Fiacre aber verfügte, dass nach seinem Tod sein Herz in der Gnadenkapelle Unserer Lieben Frau von Cotignac beigesetzt werden solle. Eine Gedenktafel erinnert noch heute an ihn und die himmlischen Gnaden, die seinem Vaterland durch ihn geschenkt wurden.

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Barbara Wenz

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