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Pater Richard Henkes: Blutzeuge Christi darf als Seliger verehrt werden

Im KZ Dachau verstarb Pater Richard Henkes. Ende September wurde er selig gesprochen. Nun sind gleich zwei Bücher über den Geistlichen erschienen.
Seligsprechung von Pater Richard Henkes
Foto: dpa | Pater Richard Henkes wurde am 15. September seliggesprochen. Aufgrund seines Todes im KZ kann er auch als Märtyrer angerufen werden.

Am Anfang habe ich noch um meine Freiheit gebetet, jetzt habe ich mich durchgerungen, und wenn ich auch ins Lager müsste, dann werde ich genauso Deo gratias sagen wie bei meiner Verhaftung.

Diese Zeilen schrieb Pater Richard Henkes (1900-1945) im Mai 1943 im Gefängnis in Ratibor – zwei Monate zuvor war er wegen seiner kritischen Äußerungen gegenüber den diktatorischen Machenschaften der Nationalsozialisten verhaftet worden. Sein Leben endete am 22. Februar 1945 im KZ Dachau, wo er sich freiwillig mit Typhuskranken im Block 17 einschließen ließ, um die Sterbenden hingebungsvoll zu pflegen und ihnen seelsorgerisch beiseitezustehen. Einige Wochen später erkrankte der „Opferpriester“ selber und erlebte die Befreiung des Lagers durch die alliierten Truppen nicht mehr.

Neuer Seliger

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Seit dem 15. September 2020 kann Richard Henkes als Seliger angerufen und als Märtyrer verehrt werden. An diesem Tag wurde der Pallottiner-Pater im Hohen Dom zu Limburg für sein Lebenszeugnis seliggesprochen.

Gleich zwei Publikationen jüngeren Datums erzählen auf unkonventionelle Weise von diesem Leben. Christoph Kloft hat mit „Jetzt erst recht!“ die Form des Brief-Romans gewählt, in dem ein gewisses „Fräulein aus Ahrweiler“ einer Freundin ihre früheren Begegnungen und Korrespondenz mit dem Pater schildert. Anna, Adressatin und Vertraute, wohnt in Montabaur und damit nahe dem Heimatort von Pater Henkes. Bei den Nachforschungen über sein Schicksal zeigt sie sich behilflich.

In ihren Briefen, die im Mai 1943 beginnen und im Dezember 1945 enden, gibt die Verfasserin nicht nur ihre Sorgen und den jeweiligen Stand der Dinge wieder, sondern reflektiert auch die einzelnen Lebensstationen von Richard Henkes sowie die Briefe des Inhaftierten an seine Familie, über deren Inhalt sie von Henkes Schwester Regina erfährt.

Charme des Buches

Wirkliches und Erdachtes mischen sich, was sicher den Charme des Buches ausmacht, doch in einigen Punkten ist die fiktive Story auch ein gewagtes Unternehmen. Zum besseren Verständnis: Das „Fräulein aus Ahrweiler“ hat es tatsächlich gegeben und eine verbotene Korrespondenz Ende der 1920er Jahre zwischen dem Priester und der bis heute unbekannten Frau ebenfalls. Der Pallottiner-Orden erlaubte diesen Kontakt nicht, sodass Henkes eine kanonische Ermahnung ausgesprochen wurde.

Der Autor Christoph Kloft nähert sich nun aus der Perspektive des einstigen Fräuleins und der inzwischen verheirateten Frau dem Priester und findet teilweise schwer die Balance zwischen gefühlvollen Beschreibungen der Verehrung und einem betont freundschaftlichen Interesse am Schicksal des Mannes. Um gleich jeden Verdacht auszuräumen, wird Richard Henkes in einem der ersten Briefe als jemand beschrieben „für den man hätte durchaus ins Schwärmen geraten können“, doch ein solcher Gedanke sei bei der Schreiberin aufgrund seiner „Frömmigkeit, seiner Durchdrungenheit von Gott und dem christlichen Glauben“ nicht aufgekommen. Selbst in Hinblick auf die Gepflogenheiten der damaligen Zeit wirken solche Formulierungen etwas geschraubt. Es hätte dem Text gut getan, wenn der Autor das Wagnis eingegangen wäre, die Zerrissenheit von Gefühlen zu beschreiben, die nicht sein dürfen, aber womöglich stärker da sind als gewünscht. Dies hätte die Heiligkeit des Priesters keineswegs angetastet. So bleibt von Seiten der Frau eine Distanz, die mit der innigen gedanklichen Beschäftigung mit dem Geistlichen in einem seltsamen Kontrast steht.

Pater Richard Henkes: Für seine Predigten berühmt

Richard Henkes war in ganz Oberschlesien für seine Predigten berühmt, in denen er für die Würde auch jener Menschen eintrat, die aufgrund ihrer körperlichen oder geistig-seelischen Schwächen von den Nazis als „Schädlinge am Volksvermögen“ bezeichnet wurden. Seine Predigten, die er stets schriftlich vorbereitete, sind neben den Unterlagen vieler Exerzitienkurse trotz intensiver Suche nie aufgefunden worden. Dieser Umstand mag es einem Autor erschweren, die Gedanken und Standpunkte des Geistlichen wirklich zu ergründen, so dass sich Raum für Fantasie auftut.

Ein Buch von ganz anderer Machart ist der schmale und in der Art eines Comics gestaltete Bildband des Berliner Duos Drushba Pankow. Die Grafikdesigner und Illustratoren haben eine „Graphic Documentary“ des Lebensweges von Pater Henkes erstellt, der Schwerpunkt liegt auf den Monaten im KZ Dachau. Wie in einem Film kann man den Geschehnissen folgen, die Brutalität der Lager-Verhältnisse wird durch die Abbildungen verdeutlicht. Es lohnt sich, genau hinzugucken, denn sinnige Details bereichern die Zeichnungen: Da sitzt bei der Predigt von Pater Henkes in der Kirche von Branitz im März 1943 zwischen den Gläubigen ein emsig mitschreibender Mann. Über seine Identität gibt eine in die Szenerie eingefügte Gestalt Auskunft: Es ist Judas im historischen Gewand, in seiner Hand hält er das pralle Geldsäckchen.

Stark an harten Tagen

Ergänzt wird die Bildergeschichte durch handschriftliche Notizen aus der Feder von Richard Henkes. Als er als Lager-Insasse mit der Nr. 49642 dem Typhus erlag, erinnert sich der Blockälteste Reinhold Friedrichs: „Wie er in den harten Tagen stark und mutig gewesen war, so lag er jetzt da als Blutzeuge Christi, der von sich sagen konnte: Eine größere Liebe hat niemand, als der sein Leben hingibt für seine Freunde.“


Christoph Kloft: Jetzt erst recht!: Pater Richard Henkes – Ein Leben für die Menschlichkeit. Rhein-Mosel-Verlag, Zell/Mosel 2019, ISBN 978-3898014182, 12 Euro

Drushba Pankow: Und wenn die Wahrheit mich vernichtet – Pater Richard Henkes im KZ Dachau. Pallotti-Verlag, Limburg 2019, ISBN 978-3-87614-110-7, 9,90 Euro

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