Es ist eine der ganz großen Szenen der Menschheitsgeschichte mit einer kulturhistorischen Bedeutung, die weit über die Glaubenslehre der christlichen Religion hinausgeht: Jesus Christus vor Pontius Pilatus. Ein ganz wesentlicher Teil des Dialogs ist Schweigen, das Schweigen Jesu zu den Vorwürfen der jüdischen Elite, mit denen der römische Spitzenfunktionär in seinem Richteramt nichts anzufangen weiß. Daher tut er das, was nahe liegt: Er fordert Jesus zur Stellungnahme auf.
Auch auf Nachfrage Pilatus' schweigt Jesus
Heute würde ein fachlich überforderter Richter wohl zwei bis drei Gutachten einholen, damals – zumal in dieser Situation – war das nicht möglich. Also fragt Pilatus nach. Stimmt das, was die über dich erzählen? Jesus schweigt. Das verblüfft Pilatus und er motiviert die Frage. Ja, weißt du denn nicht, dass ich mit deiner Aussage befähigt werde, eine Verteidigung aufzubauen, an deren Ende stehen könnte, dass ich dich freispreche?
Kritik an Papst Franziskus: Lässt sich mit Jesu Schweigen gegenüber Pilatus auch das Schweigen des Papstes erklären?
Jesus bleibt dabei: Schweigen zur Sache. Daraufhin – und das ist das eigentlich Interessante – will Pilatus Jesus freisprechen. Obwohl sich Jesus nicht wehrt. Das heißt: Indem er sich nicht wehrt, wird er für Pilatus glaubwürdig. Dass die Sache am Ende anders ausgeht, wissen wir. Aber es wird von den Evangelisten doch deutlich herausgestellt: Pilatus war von Jesu Unschuld überzeugt.
Jesus verteidigte sich von Pontius Pilatus nicht gegen die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben wurden – und wurde so für den römischen Statthalter glaubwürdig. Lässt sich so das Schweigen von Papst Franziskus in der Viganò-Affäre erklären? Die Antwort finden Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 20. September. Kostenlos erhalten Sie diese Ausgabe hier.
DT