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Helmut Hoping: "Nein der Kongregation ist unmissverständlich"

Der Freiburger Dogmatiker Helmut Hoping hebt hervor, dass das Nein der Glaubenskongregation zu Segnungen gleichgeschlechtlicher Verbindungen kein negatives Urteil über die betreffenden Personen impliziert.
Vatikan bekräftigt Nein zur Segnung homosexueller Paare
Foto: Imago Images | Der Wille Gottes sieht anders aus: Die Entscheidung der Glaubenskongregation wertet Personen nicht ab, aber sie unterstreicht klar den Wert der christlichen Ehe.

Herr Professor Hoping, die Glaubenskongregation hat der Segnung homosexueller Paare eine klare Absage erteilt. Was bedeutet dieses Dokument für die Seelsorge, in deren Rahmen es diese Praxis ja mancherorts bereits seit Jahren gibt?

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Die Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre ist unterteilt in Responsum ad dubium, eine erläuternde Note und einen Kommentar zum Responsum und hat damit eine klassische Form. Eine Erklärung in dieser Form hatte die Glaubenskongregation auch zur bestrittenen Verbindlichkeit der Entscheidung von Johannes Paul II. in seinem Apostolischen Schreiben „Ordinatio sacerdotalis“ (1994) zur Priesterweihe von Frauen abgegeben (1995). „Hat die Kirche die Vollmacht, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts zu segnen?“, so lautet das Dubium (Frage) der am Montag veröffentlichten Erklärung der Glaubenskongregation. Die Antwort (Responsum) darauf ist ein eindeutiges „Nein“. In der Note erwähnt die Kongregation „Projekte und Vorschläge von Segnungen für Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts“, wie sie in einigen deutschen Diözesen, zum Beispiel im Bistum Limburg sowie im Forum „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“ des Synodalen Weges gemacht beziehungsweise erarbeitet werden. Solchen Projekten und Vorschlägen erteilt die Kongregation jetzt eine deutliche Absage. Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare, die vereinzelt schon in gottesdienstlichen Feiern gefeiert werden, sind in keiner Weise zulässig. Dabei betont die Glaubenskongregation, dass das Nein zu Segnungen gleichgeschlechtlicher Verbindungen kein negatives Urteil über die betreffenden Personen impliziert.

Dem Dokument zufolge kann die Kirche nicht die Sünde, sondern nur den sündigen Menschen segnen. Was ist ausschlaggebend für die Kirche, homosexuelle Partnerschaft als nicht dem Willen Gottes gemäß einzuordnen, wenn dort auch „positive Elemente vorhanden sind“?

"Dass Personen des gleichen Geschlechts, die zusammenleben,
füreinander einstehen, gehört zu den positiven Elementen
ihrer Lebensgemeinschaft, von denen die Kongregation anerkennend spricht"

Ausschlaggebend ist die sexuelle Praxis gleichgeschlechtlicher Paare, die der „Katechismus der Katholischen Kirche“ als in sich ungeordnet bezeichnet (KKK 2357). Dass Personen des gleichen Geschlechts, die zusammenleben, füreinander einstehen, gehört zu den positiven Elementen ihrer Lebensgemeinschaft, von denen die Kongregation anerkennend spricht. Solche positiven Elemente sind nicht spezifisch für Verbindungen von Personen des gleichen Geschlechts. Sie gibt es auch bei wiederverheirateten Geschiedenen, die nicht in einer gültigen Ehe leben. Responsum, Note und Kommentar der Kongregation setzen voraus, dass der legitime Ort sexueller Praxis die gültige, unauflösliche Ehe von Mann und Frau ist.

Im Kommentar heißt es, der Zweck dieser Äußerung sei es, Streitigkeiten zu schlichten und eine gesunde Gemeinschaft im heiligen Volk Gottes zu fördern. Was ergibt sich daraus für die Agenda des Synodalen Wegs?

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Der Kommentar macht deutlich, dass sich das Responsum nicht auf ein fiktives Dubium, also eine von der Kongregation selbst gestellte Frage bezieht. Responsum und Note der Kongregation beantworten die von Seelsorgern und Gläubigen an die Kongregation gerichtete Frage, ob Verbindungen von Personen des gleichen Geschlechts kirchlich gesegnet werden können, was in der katholischen Kirche in Deutschland derzeit kontrovers diskutiert wird. Obwohl das Nein der Kongregation unmissverständlich ist, wird die Debatte wohl weitergehen. Allerdings kann man sich für die Segnung etwa eingetragener Lebenspartnerschaften oder sogenannter gleichgeschlechtlicher „Ehen“, wie sie das deutsche Parlament eingeführt hat, nicht auf Papst Franziskus berufen, der sich hinter die Erklärung der Glaubenskongregation gestellt hat. Luis Kardinal Ladaria SJ, Präfekt der Kongregation, hätte die Erklärung auch niemals ohne Zustimmung des Papstes veröffentlicht.

Ist die Frage der Segnung Homosexueller mit diesem Dokument endgültig beantwortet? Oder hat die Antwort den Charakter der Vorläufigkeit, die eine spätere Katechismusänderung nicht ausschließt?

"Das Responsum ist nicht einfach revidierbar,
außer man verändert die Lehre der Kirche substanziell,
wie dies von einer Reihe von Moraltheologen gefordert wird"

Responsum und Note der Glaubenskongregation basieren auf der Feststellung von Papst Franziskus in seinem Apostolischen Schreiben „Amoris laetitia“ (2016), dass es „keinerlei Fundament dafür [gibt]|, zwischen den homosexuellen Lebensgemeinschaften in dem Plan Gottes über Ehe und Familien Analogien herzustellen, auch nicht in einem weiteren Sinn“ (Nr. 251). Die Feststellung des römischen Pontifex wiederum hat ihre Grundlage in der Schöpfungsordnung und der authentischen Lehre der Kirche über die Ehe von Mann und Frau. Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare, so die Note, sind nicht zulässig, weil sie eine Analogie zum Brautleutesegen bei der kirchlichen Eheschließung darstellen. Im Kommentar heißt es, dass jede Segnungsform unzulässig ist, die eine Anerkennung gleichgeschlechtlicher Verbindungen beinhaltet. Das Responsum ist nicht einfach revidierbar, außer man verändert die Lehre der Kirche substanziell, wie dies von einer Reihe von Moraltheologen gefordert wird.

Inwieweit ist der Einzelsegen Homosexueller nach dem Dokument an die Bereitschaft der Betroffenen gebunden, den Maßgaben des Katechismus entsprechend zu leben?

Helmut Hoping
Foto: Conny Ehm | Helmut Hoping.

Note und Kommentar der Glaubenskongregation binden den Einzelsegen von Personen mit homosexueller Orientierung an ihren bekundeten Willen, „in Treue zu den geoffenbarten Plänen Gottes zu leben, wie sie in der kirchlichen Lehre vorgelegt werden“. In diesem Zusammenhang verweist die Note auf das „Benediktionale“, das liturgische Buch zu den Segnungen der Kirche. Diese gehören zu den Sakramentalien, das heißt zu den heiligen Zeichen, „durch die in einer gewissen Nachahmung der Sakramente Wirkungen, besonders geistlicher Art, bezeichnet und kraft der Fürbitte der Kirche erlangt werden“ (SC 60). Die allgemeinen Personenbenediktionen, dazu zählt etwa der Blasiussegen, bindet das „Benediktionale“ bei Personen mit homosexueller Orientierung aber nicht an das Versprechen, sexuell enthaltsam zu leben. Von den Personenbenediktionen sind die Sachbenediktionen zu unterscheiden, etwa ein Haussegen. Auf welche Situationen beziehungsweise Benediktionen die Kongregation in ihrer Note genau abhebt, wird durch den generellen Hinweis auf das „Benediktionale“ nicht klar.

Was empfehlen Sie nun den Synodalen, die in den Gemeinden Erwartungen wecken auf Änderungen?

Da ich kein Mitglied des Synodalen Weges beziehungsweise eines seiner Foren bin, verfolge ich den Synodalen Weg als Beobachter von außen – mit großem Interesse, aber auch mit der Frage, wohin dieser Weg führen soll. Verschiedentlich habe ich mich zu Positionen, die in den Foren und der Vollversammlung des Synodalen Weges vertreten werden, geäußert. Dass der Synodale Weg Erwartungen weckt, die er nicht erfüllen kann, hätte den deutschen Bischöfen von Beginn klar sein können. Dass man sich dennoch auf diesen Weg begeben und dabei auch gleich noch selbst, was die Synodalversammlung betrifft, marginalisiert hat, ist wohl nur psychologisch zu erklären. Ich gehe davon aus, dass das Synodalforum „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“, so wie es mehrheitlich besetzt wurde, unbeirrt weitermachen wird. Deshalb ziehe ich dezidierte Kritik Empfehlungen vor.

"Ich gehe davon aus, dass das Synodalforum
„Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben
in Sexualität und Partnerschaft“, so wie es mehrheitlich
besetzt wurde, unbeirrt weitermachen wird"

Die definitive Entscheidung Johannes Pauls II. zum Amtspriestertum der Frau und die wiederholte Bekräftigung dieser Entscheidung durch Papst Franziskus hat das Synodalforum „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“ auch nicht davon abgehalten, wie die Bewegung Maria 2.0 den Zugang von Frauen zu allen Weiheämtern zu fordern. Bischof Georg Bätzing, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, hat in seiner Pressemitteilung deutlich gemacht, wie er gedenkt, mit der Erklärung der Glaubenskongregation umzugehen: Er kündigte an, dass die von der Kongregation „vorgebrachten Gesichtspunkte“ beim Synodalen Weg besprochen würden. Dass Papst Franziskus sich hinter die Erklärung der wichtigsten vatikanischen Kongregation gestellt hat, erwähnt Bätzing, Mitglied des Präsidiums des Synodalen Weges, nicht. Die nach Art eines Kirchenparlaments organisierte Synodalversammlung, bei der die Bischöfe eine kleine Minderheit darstellen, wird sich einem Roma locuta – causa finita kaum unterwerfen.

 

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