Die Vorbereitungen des Ökumenischen Kirchentags 2021 in Frankfurt haben die Debatte um die Mahlgemeinschaft wieder aufkommen lassen. Im Namen der „Gewissensentscheidung“ wird für möglich erklärt, was lehramtlich ausgeschlossen ist. Die Wurzeln des Konflikts um die vermeintlich gut begründbare Gewissensentscheidung liegen allerdings nicht in der Debatte um die Kommuniongemeinschaft. Seit dem Konzil haben deutsche Moraltheologen den Gewissensbegriff konsequent verschoben.
Vorrecht des Einzelnen
Das Gewissen wurde zum Vorrecht des Einzelnen, der die Kriterien Gut und Böse autonom festzulegen und dementsprechend zu handeln habe. Am Anfang stand die Antwort der deutschen Bischöfe auf die Enzyklika Pauls VI. „Humanae vitae” (1968), die ein abweichendes Gewissensurteil des einzelnen Gläubigen für theologisch verantwortet angesehen hatte. Dieser Auffassung schloss sich auch die Würzburger Synode (1971–1975) an. Im vom der Bischofskonferenz herausgegebenen „Katholischen Erwachsenenkatechismus” (2. Bd.: „Leben aus dem Glauben” 1995) heißt es über das Verhältnis von Gewissen und Lehramt der Kirche: „Das Gewissen des Christen wird die Hilfe der Kirche für konkrete Lebensfragen in rechter Gesinnung beachten, doch kann ihm niemand die persönliche Gewissensentscheidung abnehmen.“
Norm und Gewissen
Folgendermaßen wird die Spannung zwischen Norm und Gewissen im „Erwachsenenkatechismus“ aufgelöst: „In einer Situation, in welcher der einzelne in einer Spannung zwischen Norm und Gewissen handeln muss, ist seine Gewissenserkenntnis und sein Gewissensurteil für ihn die letzte Norm seines Handelns. Da aber seine Gewissenseinsicht keinen Anspruch auf Unfehlbarkeit hat, muss es bereit sein, sich immer neu zu prüfen“. DT/reg
Die Spannung zwischen Lehramt und Gewissen ist nicht trivial. Einen ausführlichen Hintergrund zum Begriff des Gewissens und der Praxis der Gewissensentscheidung lesen Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost.