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Das „Gesetz des Schweigens“

Papst und Vatikan weigern sich, auf die Anklagen des Ex-Nuntius Viganò zu antworten.
Der Vatikan und die Viganò-Vorwürfe
Foto: Michael Kappeler (dpa) | Und wenn er doch Recht hat? Das Schweigen des Vatikans in der Viganò-Affäre spricht eher für die Glaubwürdigkeit der Vorwürfe.

Die neuerlichen Anklagen des ehemaligen Vatikandiplomaten Carlo Maria Viganò gegen Papst und Vatikan sind präzise. In jeder staatlichen Verwaltung würden sie ausreichen, um Ermittlungen einzuleiten. Würde der Ex-Nuntius einfach lügen, könnte der Vatikan dementieren und – auch in dessen Abwesenheit – disziplinarische Schritte gegen ihn einleiten. Das tut der Vatikan aber nicht. Die Medienverantwortlichen schweigen.

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In dem im Juni von der „Washington Post“ veröffentlichten Interview mit dem ehemaligen Vatikandiplomaten fehlte eine längeren Passage, die das amerikanische Online-Portral „LifeSiteNews“ inzwischen nachgeliefert hat (der komplette Text ist hier nachzulesen). Darin spricht Viganò zwei Fälle an, die, wenn sie sich bewahrheiten sollten, der vom vatikanischen Kinderschutzgipfel mit Vertretern aller Bischofskonferenzen in der Welt ausgegebenen Devise der O-Toleranz bei Missbrauchsvertuschung und der entschlossenen Aufklärung völlig Hohn sprechen würden.

Brutale Vergewaltigung im Seminar

Der erste Fall betrifft das kleine Seminar im Vatikan, ganz in der Nähe des vom Papst als Residenz gewählten Gästehauses „Santa Marta“. Dort, wo Minderjährige ausgebildet werden, die Messdiner bei Papstmessen sind, sollen junge Schüler von einem älteren Seminaristen brutal sexuell vergewaltigt worden sein. Über einige Vorwürfe in diese Richtung hatte schon das italienischen Wochenblatt „L’Espresso“ berichtet.

Ein Dossier über den neuen Substituten

In dem zweiten Fall ist alles noch viel heikler, er betrifft die Spitze der Römischen Kurie, und zwar den von Franziskus im August 2018 ernannten Substituten im vatikanischen Staatssekretariat, den venezuelanischen Erzbischof und Vatikandiplomaten Erzbischof Edgar Peña Parra. Er soll Anfang der neunziger Jahren homosexuelle Missbrauchverbrechen begangen haben, die eine Gruppe von Gläubigen aus dem venezuelanischen Maracaibo in einem Bericht mit dem Titel „¿Quién es verdaderamente Monseñor Edgar Robinson Peña Parra, Nuevo Sustituto de la Secretaría de Estado del Vaticano?“ („Wer ist Erzbischof Edgar Robinson Peña Parra, der neue Substitut im Staatssekretariat, wirklich?“) vom letzten Jahr für Papst Franziskus genauestens beschreibt. Die Akten von damals, so Viganò jetzt, und den entsprechenden Schriftwechsel des Staatssekretariats habe er „mit eigenen Augen gesehen“.

DT/gho

Warum der Umgan des Vatikan mit den Viganò-Vorwürfen für die Glaubwürdigkeit des Anklägers spricht,

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