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Betroffenenarbeit in deutschen Bistümern schreitet voran

Der Kölner Betroffenenbeirat hat einen neuen Vorsitzenden, in Augsburg nimmt die unabhängige Kommission ihre Arbeit auf. Aber es gibt auch Kritik an der Aufarbeitung.
Kirchturm im Nebel
Foto: Boris Roessler (dpa) | Aus dem Nebel ins Licht? Auch in Essen und Münster wollen sich Missbrauchsbetroffene zusammenschließen und an der Aufarbeitung mitwirken.

Die Einrichtung von Kommissionen zur Aufarbeitung des Missbrauchs nimmt in einzelnen Bistümern Form an. Der Betroffenenbeirat des Erzbistums Köln hat im Rahmen seiner heutigen Beiratssitzung Peter Bringmann-Henselder zum neuen Sprecher gewählt. 

Im Bistum Augsburg hat die unabhängige Kommission ihre Arbeit aufgenommen und bei der konstituierenden Sitzung der sieben Mitglieder Hubert Paul, Präsident des Sozialgerichts Augsburg, zum Vorsitzenden gewählt. Die Kommission, deren Aufgaben die Erhebung des Umfangs von sexuellem Missbrauch in einer Diözese, die Untersuchung des Umgangs mit Tätern und Betroffenen sowie die Identifikation von missbrauchsbegünstigenden Strukturen sind, kann derzeit noch nicht abschätzen, wie lange es dauern wird, um zu Ergebnissen zu kommen. Geplant sind jährliche Zwischenberichte und ein vorläufiger Abschlussbericht binnen fünf Jahren.  

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Meier: Versagen und Schuld müssen benant werden

Bischof Bertram Meiersagte, die Kommission werde alle im Besitz des Bistums befindlichen Akten einsehen können, die sie für ihre Arbeit als relevant erachte. Versagen und Schuld müssten benannt werden - „das sind wir den Betroffenen schuldig“, so Meier. 

Im Bistum Münster wollen sich mehrere Missbrauchsopfer selbst organisieren und haben weitere Betroffene dazu aufgerufen, sich zusammenzuschließen und an der Aufarbeitung mitzuarbeiten, wie die Diözese am Mittwoch mitteilte.  „Uns ist es wichtig, erst gar nicht den Eindruck entstehen zu lassen, dass Betroffenenbeteiligung nur mit Zustimmung oder in Abhängigkeit vom Bistum möglich ist“, erklärte Stephan Baumers von der Stabsstelle Intervention und Prävention im Generalvikariat. Sie sollen sich vielmehr mit den Themen befassen, „die ihnen wichtig sind, und sich auch in der Öffentlichkeit so positionieren, wie sie das für richtig halten.“ Die Diözese unterstütze eine Beiratsgründung jedoch durch finanzielle Mittel oder die Versendung des Einladungsschreibens, sagte Baumers dem Münsteraner Portal “kirche-und-leben.de”. An dem Treffen nehme kein Vertreter des Bistums teil. „Wir halten es für wichtig, dass nicht über uns und - von wem auch immer - für uns als Betroffene gesprochen wird, sondern dass nur wir für uns selbst sprechen, und zwar als unabhängige Gruppe“, heißt es in dem online gestellten Einladungsschreiben der Betroffenen. Am Ende dieses Prozesses könne eine eigenständige Betroffenenorganisation stehen. 

Auch Essen plant Betroffenenrat

Auch dasBistum Essen kündigte in der vergangenen Woche an, bis Mitte November einen Betroffenenrat auf den Weg bringen zu wollen. Dazu trafen sich auf Einladung der Diözese 40 Frauen und Männer mit Bischof Franz-Josef Overbeck und Generalvikar Klaus Pfeffer. Betroffene können bis Ende Juli ihre Bereitschaft zur Mitarbeit in dem Rat erklären, dessen Mitgliederanzahl und Zusammensetzung interessierte Betroffene bei einem weiteren Treffen beraten und festlegen werden. 

Kritik an den bestehenden Betroffenenbeiräten übte indes der Sprecher der Selbsthilfegruppe Rhede, Martin Schmitz, da deren Mitglieder durch den Bischof oder ein Gremium bestimmt würden. „Dieses Modell hat an vielen Stellen - siehe Köln - gnadenlos versagt“, so Schmitz gegenüber “kirche-und-leben.de" Betroffene würden instrumentalisiert, begutachtet, abgelehnt. In Köln beispielsweise waren die Sprecher des Betroffenenbeirats zurückgetreten, weil sie sich bei der Entscheidung unter Druck gesetzt fühlten, ein erstes Missbrauchsgutachten nicht zu veröffentlichen.  

Nach einer Vereinbarung zwischen dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Röhrig, und den katholischen deutschen Bischöfen sollen Betroffene in allen deutschen Bistümern an der Missbrauchsaufarbeitung beteiligt werden. Dies war im vergangenen Jahr in einer „Gemeinsamen Erklärung“ beschlossen worden. DT/bst

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