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Benedikt XVI. distanziert sich von der „Katholischen Integrierten Gemeinde“ (KIG)

Die KIG galt als hoffnungsträchtiger Neuaufbruch im deutschen Katholizismus nach dem 2. Vatikanischen Konzil. Doch jetzt sieht sich die geistliche Gemeinschaft Vorwürfen des geistlichen Missbrauchs ausgesetzt. Nun meldet sich auch der emeritierte Papst Benedikt XVI. zu Wort.
Papst Benedikt XVI. distanziert sich von geistlicher Gemeinschaft KIG
Foto: KNA | In einer Stellungnahme gegenüber der "Herder Korrespondenz" distanziert sich Benedikt XVI. von der "Integrierten Gemeinde", die er als Erzbischof kanonisch anerkannte.

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat sich von der Katholischen Integrierten Gemeinde distanziert. Nach einem am Sonntag vorab von der „Herder Korrespondenz“ verbreiteten Beitrag erklärte Benedikt, dass er über das Innenleben der Gemeinschaft „nicht informiert oder gar getäuscht“ worden sein.

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Laut einem Zwischenbericht der Münchner Visitatoren, der im Oktober 2019 publik wurde, zeigen Vorwürfe ehemaliger Mitglieder „über weite Strecken den Charakter von geistlichem Missbrauch“ und ein System psychischer und finanzieller Abhängigkeit. Unter anderem heißt es: „Beziehungen und Ehen wurden gestiftet und getrennt, je nachdem, ob dies der Gemeindeversammlung für das Gemeindeleben förderlich erschien. Die Gemeindeversammlung entschied darüber, ob und wann ein Ehepaar Kinder bekommen durfte oder sollte.“ Das Papier schildert ein System psychischer und finanzieller Abhängigkeit, in dem Widerspruch als Sünde gegen den Heiligen Geist dargestellt, Sanktionen auf Familienangehörige ausgedehnt und private Einkünfte für Gemeindezwecke beansprucht worden seien.

Ratzinger wollte zur "Rechtgläubigkeit begleiten"

Benedikt XVI. unterhielt jahrzehntelang enge Verbindungen zur „Katholischen integrierten Gemeinde“, die derzeit Gegenstand einer Visitation des Erzbistums München und Freising ist. Benedikt XVI. hatte die Gruppierung als Münchner Erzbischof kirchlich anerkannt, weil er sie zur Rechtgläubigkeit habe begleiten wollen, wie er in der „Herder Korrespondenz“ erklärt: „Dass bei dem Versuch, die Dinge des täglichen Lebens integral vom Glauben her zu gestalten, dabei auch schreckliche Entstellungen des Glaubens möglich waren, ist mir zunächst nicht bewusst geworden“. Er bedaure es zutiefst, „dass so der Eindruck entstehen konnte, alle Aktivitäten der Gemeinde seien vom Erzbischof gebilligt.“

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Zu den Vorwürfen lehnen Vertreter der Gemeinde nach Angaben der „Herder Korrespondenz“ eine Stellungnahme ab und gaben an, man habe beschlossen, „die Aktivität als kirchliche Vereinigung ganz einzustellen“. Die Gruppe plane, ihre Arbeit „in einem neuen rechtlichen Gewand“ fortzusetzen.

Die 1948 von dem Ehepaar Wallbrecher gegründete Gemeinschaft galt in der Nachkriegszeit als hoffnungsträchtiger Aufbruch in der katholischen Kirche. 1978 wurde die Integrierte Gemeinde von den damaligen Erzbischöfen in Paderborn und München - Johannes Degenhardt und Joseph Ratzinger - kirchlich anerkannt und 1985 als öffentlicher Verein nach dem katholischen Kirchenrecht errichtet. Namhafte Theologen wie den Ratzinger-Schüler Ludwig Weimer und die Neutestamentler Gerhard Lohfink und Rudolf Pesch (1936-2011) gehörten der KIG an. DT/ska

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