Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Freiburg

Bedeutung und Entstehung des Diakonats

Das Amt des Diakons ist seit dem II. Vatikanischen Konzil wiederbelebt. Manfred Hauke und Helmut Hoping über die Bedeutung des Diakonats und seine Entstehung. Eine Rezension zu dem Werk.
Diakon
Foto: KNA | Die Verkündigung des Wortes Gottes in der Liturgie ist eine zentrale Aufgabe des Diakons.

Weltweit gibt es heute um die 47 000 ständige Diakone. Davon sind 3 300 in Deutschland tätig. Der Diakonat verdankt seine Wiederbelebung dem letzten Konzil. Den Diakon hat es aber in der Kirche auch davor schon gegeben. Bei der Umschreibung der Aufgaben des Diakons ist das Konzil auch ganz in den Grenzen der Tradition geblieben: Spendung der Taufe, Assistenz bei der Eheschließung, Kommunionspendung, Vortragen des Evangeliums in der Messfeier, Leitung der Beerdigung. Während die Verkündigung in der Messe offensichtlich Bischof und Priester vorbehalten bleiben sollten, denn vom Diakon wird, ohne ausdrücklichen Bezug auf die Liturgie, erwartet, „das Volk zu lehren und zu ermahnen“. Somit stellte die Absicht des Konzils, „den Diakonat als eigene und beständige hierarchische Stufe (des Weiheamtes) wieder herzustellen“, keine eigentliche Neuerung dar. Neuartig war allerdings, dass der „Diakonat auch verheirateten Männern reiferen Alters erteilt werden“ kann.

Lesen Sie auch:

Neubelebter Diakonat

Vor dem Konzil wurden ausschließlich Priesteramtskandidaten zu Diakonen geweiht. Sie übten das Amt allerdings faktisch nicht aus. Aber mit dem konsequenten Festhalten an der Notwendigkeit einer Diakonenweihe bekräftigte die Kirche stets, dass das dreistufige Weiheamt zur apostolischen Überlieferung gehört, an die sie gebunden bleibt. Mit der Erneuerung des ständigen Diakonats begann die Theologie nach der inneren Einheit des sakramentalen Amtes und der Abgrenzung seiner einzelnen Weihestufen zu fragen. Denn mit der Aussage des Konzils in „Lumen gentium“, dass die Diakone die Handauflegung „nicht zum Priestertum, sondern zum Dienst“ empfangen, wurden mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet.

Ein früh überliefertes Amt

Um Antworten bemühte sich eine internationale Tagung 2014 in Lugano. Die beiden Dogmatikprofessoren Manfred Hauke und Helmut Hoping, selbst ständiger Diakon im Erzbistum Freiburg, haben alle Beiträge ediert. Seit der Mitte des ersten Jahrhunderts war das Diakonenamt in der Kirche fest etabliert, schreibt Franco Manzi. Diakone waren den Bischöfen als Mitarbeiter unterstellt. Öffentlich zu lehren, gehörte nicht den Aufgaben des Diakons. Bezug genommen wird auf die von Stefan Heid erforschte Praxis der frühen Kirche, dass Bischöfe, Priester und Diakone, seien sie verheiratet, verwitwet oder unverheiratet, nach ihrer Weihe in vollständiger Enthaltsamkeit zu leben haben. Dies bezeugen auch der Erste Timotheusbrief und der Titusbrief des Neuen Testamentes.

Wille der Apostel

Von hierher gesehen stellt sich die Frage, inwieweit es sich bei der Aufhebung der Ehelosigkeitsverpflichtung für den ständigen Diakon durch das Konzil um einen Traditionsbruch beziehungsweise eine Fehlinterpretation des Neuen Testamentes ohne Berücksichtigung des eindeutigen Traditionsbefundes handelt. Seit dem ersten Jahrhundert würden die mit Handauflegung eingesetzten „sieben“ Männer, die in der Apostelgeschichte erwähnt werden, darunter Stephanus und Philippus, als Träger des Diakonenamtes angesehen. Somit könne man davon ausgehen, dass der Diakonat auf den Willen der Apostel zurückgeht. Weder in der Schrift noch in der kirchlichen Überlieferung findet sich ein Beleg dafür, dass ein Diakon der Eucharistiefeier vorgestanden hätte. Damian Spataru hält in seinem Beitrag über den Diakonat bei den Kirchenvätern fest, dass es in der frühen Kirche zwar Diakonissen mit sozialen und pastoralen Aufgaben gegeben habe, diese aber Laien gewesen und nicht zur kirchlichen Hierarchie gezählt worden seien.

Der Diakon - mehr als nur eine Vorstufe zum Priester.
Foto: Imago images | Der Diakon – mehr als nur eine Vorstufe zum Priester. Der Diakon ist berufen, Christus als Diener nachzufolgen.

Hinordnung auf den Bischof

In der Beschreibung der Aufgaben des Diakons in der byzantinischen Liturgie (Marcello Pavone) wird die Hinordnung des Dienstes auf den Bischof und den Priester anschaulich. Im Aufsatz über die Erneuerung des Diakonats durch das Konzil (Serafino Lanzetti) vermisst man die Zölibatsfrage. Deutlich wird, dass das Konzil vom dreistufigen Weiheamt, bestehend aus Bischof, Priester und Diakon, ausgeht. Über die klaren Bestimmungen für Liturgie und Sakramentenspendung hinaus, sei die Aufgabenumschreibung des Diakonenamtes eher unbestimmt geblieben.

Diakon ein eigenes Amt

Wichtig ist die Feststellung von Matthias Mühl, dass der Diakon nicht als Mittler zwischen Hierarchie und Volk Gottes zu verstehen sei, auch wenn man öfters den Eindruck gewinnt, dass Diakone von hierher ihr Selbstverständnis entwickeln. Hinsichtlich der kirchlichen Lehrentwicklung macht Enzo Petrolino auf eine Präzisierung aufmerksam, die Papst Benedikt XVI. (2009) vorgenommen hat. Genauer gesagt war es eine Anpassung an die bereits im Katechismus der Katholischen Kirche vorgenommene Definition des Weihesakraments: „Durch eine besondere Gnade des Heiligen Geistes gleicht dieses Sakrament den Empfänger Christus an, damit er als Werkzeug Christi seiner Kirche diene. Von ihm erhalten die Bischöfe und die Priester die Sendung und die Vollmacht, in der Person Christi, des Hauptes, zu handeln; die Diakone hingegen die Kraft, dem Volk Gottes in der Diakonie der Liturgie, des Wortes und der Liebe zu dienen.“

Lesen Sie auch:

Einheit des Weiheamtes

Hier tut sich für den Verfasser das Problem auf, inwieweit die Einheit des Weihesakramentes gewahrt bleibe, wenn Bischof und Priester in der Person Christi des Hauptes der Kirche handeln und die Christusrepräsentation des Diakons als diensthaft bestimmt werde. Man dürfe, so Helmut Hoping, die Aussage vom priesterlichen Handeln in der Person Christi, des Hauptes der Kirche, nicht generell exklusiv verstehen, sondern nur auf die Vollmacht zur Konsekration der eucharistischen Gaben und die Darbringung des Opfers Christi und der Kirche: Das eine Priestertum habe verschiedene Dienste. Innerhalb des einen kirchlichen Dienstamtes sei der Diakon „Teil des Amtes diakonaler Seelsorge in der Liturgie, der Verkündigung und der Diakonie …“. Die Klarstellung von Papst Benedikt XVI., dass das Hirtenamt „ausschließlich bei den Bischöfen und Priestern“ liege und der Diakon daran „keinen Anteil“ habe, betreffe auch die Aussage des Missionsdekrets von der „Leitung abgelegener christlicher Gemeinden“ durch Diakone „im Auftrag des Pfarrers und des Bischofs“.

Kein geweihtes Amt für Frauen

Den Versuchen auf der Amazonas-Synode, über das Missionsdekret die Weihe von verheirateten Männern zu Priestern für „abgelegene“ Gemeinden durchzusetzen, hat Papst Franziskus bekanntlich eine Absage erteilt. Mit wünschenswerter Deutlichkeit hat J.P. de Mendoca Dantos das wesentliche theologische Argument gegen die Zulassung von Frauen zum Priesteramt benannt: „Da der Amtsträger ein sakramentales Zeichen Christi des Hauptes (und Bräutigams) der Kirche ist und das sakramentale Zeichen eine natürliche Ähnlichkeit haben muss mit dem, den es vertritt, kann die Kirche aus Ehrfurcht gegenüber der Substanz des Sakramentes keine Frauen zum geweihten Amt zulassen“.

Altkatholische Diakonin
Foto: KNA | Im Orient soll es Diakonissen gegeben haben. Das Bild zeigt: bei den Altkatholiken gibt es sie heute noch.

Hinsichtlich der Präzisierungen von Benedikt XVI., dass „Bischof und Priester … in der Person Christi des Hauptes, der Diakon hingegen in der Person Christi des Dieners“ hält der Dogmatiker und Mitherausgeber des Bandes, Manfred Hauke, eine lehramtliche Klärung über die „Teilhabe des Diakons am Weihesakrament, am Amtspriestertum und am Handeln in der Person Christi als des Hauptes der Kirche“ zukünftig für „wünschenswert“.

Standardwerk

An die Aufsatzsammlung angehängt hat Manfred Hauke sein Nachwort zur geplanten Neuausgabe des Standardwerkes zur Geschichte der Diakonissen von A.-G. Martimort (1982). Martimort kam zu dem Ergebnis, dass es, solange die Praxis der Erwachsenentaufe vorherrschte, im Orient in bestimmten Gebieten Diakonissen gegeben habe. Es habe sich dabei aber nicht um eine weibliche Ausdrucksform des Diakonenamtes gehandelt. Die Amtseinführung der Diakonisse sei eine „feierliche Segnung gewesen, die in keiner Weise einer Diakonenweihe gleichgekommen“ sei.

Neue Kommission

Auf eine Anfrage von Ordensoberinnen hin hat Papst Franziskus 2016 eine Kommission einberufen, die den Stand der Forschung zur Diakonissenfrage zusammenfassen sollte. Die Kommission, deren Bericht nicht publiziert wurde, ist zu keinem einstimmigen Ergebnis gekommen. Im Mai 2020 setze der Papst überraschend eine zweite Kommission ein, in die auch Manfred Hauke als Sachverständiger berufen wurde. Bereits 1998 und 2002 hat sich die Internationale Theologenkommission mit der Frage befasst und kam jeweils zum Ergebnis, dass die Diakonissen der frühen Kirche niemals Teil des dreigestuften Weihesamtes gewesen sind. In seinem apostolischen Schreiben nach der Amazonas-Synode hat der Papst davon gesprochen, dass Frauen in der Kirche Aufgaben übernehmen sollten, die „nicht die heiligen Weihen” erfordern. Im vorliegenden Band wird das Diakonenamt von der biblisch grundgelegten apostolischen Herkunft, über seine Teilhabe an dem einen Weiheamt bis zu den offenen Fragen der systematischen Theologie umfassend dargestellt.


Manfred Hauke/Helmut Hoping (Hg.):
Der Diakonat. Geschichte und Theologie.
Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2019, 416 Seiten, ISBN 978-3-791-73100-1, EUR 39,95

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Michael Karger Amazonas-Synode Apostelgeschichte Bischof Diakon Diakonie Erzbistum Freiburg Jesus Christus Papst Franziskus

Weitere Artikel

Vor achthundert Jahren feierte der heilige Franziskus das Weihnachtsfest in Greccio.
24.12.2023, 07 Uhr
Michael Karger

Kirche

Zu Ostern werden nur wenige Pilger erwartet. Es ist Zeit, an die Christen im Heiligen Land zu denken.
27.03.2024, 11 Uhr
Regina Einig