Knapp zwei Jahre nach der Befreiung aus der Haft hat die verfolgte pakistanische Christin Asia Bibi die Blasphemiegesetze und den Umgang mit religiösen Minderheiten in ihrem Heimatland kritisiert. Im Gespräch mit dem Direktor der italienischen Sektion des päpstlichen Hilfswerks „Kirche in Not“ erklärte sie, Pakistan sei für alle pakistanischen Bürger gemacht, daher sollten religiöse Minderheiten dieselben Bürgerrechte besitzen. „Das Gesetz in Pakistan besagt, dass alle in Freiheit leben dürfen. Diese Freiheit muss gewährleistet und respektiert werden“, so Bibi.
Appell an pakistanischen Premierminister
Die Worte Bibis sind insofern bemerkenswert, da sie noch vor gut einer Woche mit gegenteiligen Äußerungen für Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Gegenüber dem Sender Voice of America (VOA) in der pakistanischen Sprache Urdu hatte sich Bibi von ihrer für Ende September geplanten Biografie distanziert. Zudem lobte sie das Rechts- und Justizsystem Pakistans und rechtfertige damit indirekt auch das Blasphemiegesetz.
In dem Interview mit Kirche in Not, das allerdings bereits am 01. September geführt und aufgezeichnet worden war, erklärte Bibi, sie wisse von vielen Fällen junger Mädchen, die in Pakistan entführt, missbraucht, und zur Konversion gezwungen würden. An den pakistanischen Premierminister Imran Khan appellierte sie: „Helfen Sie bitte unseren Mädchen, denn keines von ihnen sollte derart leiden müssen.“ Der Premierminister müsse die Sicherheit der Minderheiten, insbesondere der Opfer der Blasphemiegesetze – gewährleisten, „denn sie sind auch pakistanische Staatsbürger“.
In Haft "schrecklich gelitten"
Sie sei selbst zum Opfer geworden und spreche aus eigener Erfahrung, so die 49-Jährige weiter. Während ihrer Gefangenschaft habe sie „schrecklich gelitten und so viele Schwierigkeiten durchlebt“. Nun aber sei sie frei und hoffe, „dass die Gesetze so geändert werden können, dass sie nicht mehr missbraucht werden können“.
Die Katholikin Asia Bibi aus dem Punjab saß nach ihrer Verurteilung zum Tod wegen angeblicher Blasphemie fast neun Jahre in der Todeszelle, bis das Urteil im Januar 2019 durch das höchste Gericht Pakistans letztinstanzlich aufgehoben wurde. Der Freispruch führte in Pakistan zu tagelangen gewaltsamen Protesten muslimischer Hardliner. Im Mai 2019 konnte sie unter größter Geheimhaltung nach Kanada ausreisen. Blasphemie gilt im mehrheitlich islamischen Pakistan als Kapitalverbrechen, auf das die Todesstrafe steht. DT/mlu
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