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Wendet sich die öffentliche Meinung zugunsten Kardinal Pells?

Für den wegen sexuellen Missbrauchs verurteilten Kardinal George Pell ergreifen nun auch Personen Partei, die sonst nicht zu dessen Unterstützern zählten.
George Pell und die öffentliche Meinung
Foto: Erik Anderson (AAP) | Pell ist der höchstrangige katholische Geistliche, der jemals wegen Missbrauchsvorwürfen verurteilt wurde. Eine Berufung in erster Instanz lehnte das oberste Gericht im Bundesstaat Victoria bereits im August ab.

Nachdem Australiens oberster Gerichtshof eine Berufung im Fall des wegen sexuellen Missbrauchs verurteilten Kardinals George Pell zugelassen hat, deutet einiges darauf hin, dass sich die öffentliche Meinung zugunsten des Kardinals wendet. Zwar zweifelten zahlreiche prominente Kommentatoren, Experten und Beobachter in Australien von Anfang an an der Schuld des 78-Jährigen. Nun ergreifen jedoch auch Personen Partei für Pell, die sonst nicht zu dessen Unterstützern zählten.

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Labour-Politiker Baldwin ergreift Partei für Pell

So etwa der australische Labour-Politiker Peter Baldwin, der von 1983 bis 1998 Parlamentsabgeordneter war. In einem Gastbeitrag für die Zeitung „The Australian“ fordert er, dass der Schuldspruch gegen Pell noch einmal untersucht werden müsse. Wörtlich schreibt Baldwin: „Ich war nie ein großer Fan von George Pell, da ich weder seine religiösen Überzeugungen noch sein konservatives Weltbild teile. Ich war jedoch erleichtert, als das oberste Gericht entschieden hatte, ein letztes Berufungsgesuch anzuhören.“

Er sei erstaunt gewesen, so Baldwin weiter, dass das Bundesgericht im Staat Victoria Pells ersten Berufungsantrag im August abgelehnt hatte. Daraufhin habe er das gesamte, 325 Seiten umfassende Urteil des Gerichts gelesen, wobei ihn einige Aspekte von Beginn an überrascht hätten. So sei es beispielsweise nicht plausibel, dass Pell sich eines solch schamlosen Vergehens wie des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger zu einer Zeit schuldig gemacht haben solle, in der sexueller Missbrauch durch Geistliche immer stärker in den öffentlichen Fokus rückte.

Zahlreiche Widersprüche in der Beweisaufnahme

Zudem könne er nicht nachvollziehen, wie ein Tatbestand „ohne begründeten Zweifel“ allein auf Grundlage der nicht bestätigten Zeugenaussage eines einzigen Opfers festgestellt werden könne. Baldwin wies auch auf die zahlreichen Widersprüche in den Aussagen des Opfers in den mutmaßlichen Beweisen für Pells Schuld hin.

Kardinal Pell war im Dezember 2018 von einer Geschworenen-Jury für schuldig befunden worden, 1996 als Erzbischof von Melbourne einen 13 Jahre alten Chorknaben missbraucht und einen anderen belästigt zu haben. Pell ist der höchstrangige katholische Geistliche, der jemals wegen Missbrauchsvorwürfen verurteilt wurde. Eine Berufung in erster Instanz lehnte das oberste Gericht im Bundesstaat Victoria bereits im August ab.

DT/mlu

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