Im jüngst bekanntgewordenen Fall eines Kölner Priesters, der trotz Verurteilung wegen Missbrauchs weiter seelsorglich tätig war, hat der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki um Vergebung gebeten. „Ich schäme mich für das, was hier geschehen ist“, so Woelki im Gespräch mit „domradio.de“. Es liege auf der Hand, dass Personen in dem Fall ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden seien und Kinder und Jugendliche wissentlich einer erheblichen Gefährdung ausgesetzt hätten.
Anwaltskanzlei mit unabhängiger Untersuchung beauftragt
Nun gelte es, so der Kölner Erzbischof, die Zusammenhänge gründlich aufzuklären. „Hier hat ein Priester Menschen schlimmes Leid zugefügt, und seine Vorgesetzten haben es zugelassen, dass er immer wieder mit Menschen in der Seelsorge in Berührung kam, auch mit Kindern und Jugendlichen, die ja nicht ahnen konnten, dass es sich hier um einen vorbestraften Mann handelt.“
Unabdingbar sei auch, dass man konkret benenne, was passiert ist „und wer an welcher Stelle Verantwortung für die entsprechenden Entscheidungen trägt“. Dazu habe er im vergangenen Jahr eine Münchner Anwaltskanzlei mit einer unabhängigen Untersuchung des sexuellen Missbrauchs im Kölner Erzbistum beauftragt. Diese werde im kommenden Frühjahr einen umfassenden Bericht vorstellen, so Woelki. Der Auftrag der Experten sei es, festzustellen, inwieweit Vorgesetzte gegen staatliches oder kirchliches Recht verstoßen und ob auch strukturelle Voraussetzungen im Erzbistum Köln den sexuellen Missbrauch begünstigt hätten.
Inzwischen viel zur Präventionen unternommen
Konkret geht es um einen Kölner Priesters, der zunächst 1972 wegen „fortgesetzter Unzucht mit Kindern und Abhängigen“ zu einer Haftstrafe verurteilt worden war. 1988 erhielt er wegen sexueller Handlungen an Minderjährigen zudem eine Bewährungsstrafe. Dennoch wirkte er über Jahrzehnte weiter als Priester in mehreren Bistümern, darunter Essen und Münster.
Kardinal Woelki gab sich zuversichtlich, dass sich ein solcher Fall heute nicht mehr wiederholen könne. Inzwischen sei viel zur Prävention unternommen worden. Auch in der Ausbildung von Priestern pflege man heute eine ganz andere Herangehensweise: So würden Fragen der Sexualität offen thematisiert. „Und vor allem gehört dazu eine Selbstverpflichtung, allen Hinweisen auf sexuellen Missbrauch konsequent nachzugehen.“
Aufarbeitung von Missbrauch noch nicht beendet
Gleichzeitig betonte Woelki, dass die Aufarbeitung und der Kampf gegen sexuellen Missbrauch innerhalb der Kirche noch nicht beendet seien. „Wir müssen noch mehr tun und lernen immer noch dazu.“ Auch wenn das Thema Missbrauch die Kirche schon lange beschäftige, dürfe man nicht müde werden. „Die Betroffenen, aber überhaupt alle Gläubigen und die ganze Öffentlichkeit, erwarten von uns zu Recht, dass wir das Menschenmögliche im Kampf gegen den sexuellen Missbrauch tun.“
DT/mlu
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