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Missbrauch: Bischöfe legen Beschlüsse zu Schmerzensgeldzahlungen vor

Die katholische Kirche will sich in der Höhe der Leistungen an Opfer sexuellen Missbrauchs durch Geistliche an den Schmerzensgeldern der staatlichen Gerichte anlehnen. Die individuellen Summen dürften sich zwischen 5.000 und 50.000 Euro bewegen.
Der Missbrauchsbeauftragte der Bischöfe, Bischof Ackermann
Foto: Harald Tittel (dpa) | Bischof Ackermann betonte, dass die materiellen Leistungen Bestandteil eines umfassenderen kirchlichen Angebots an die Betroffenen sexuellen Missbrauchs seien.

Im Rahmen ihrer Frühjahrsvollversammlung in Mainz haben die deutschen Bischöfe neue Grundsätze zur Anerkennung des Leids der Opfer sexuellen Missbrauchs durch katholische Geistliche beschlossen. Wie der Missbrauchsbeauftrage der Deutsche Bischofskonferenz (DBK), der Trierer Bischöfe Stephan Ackermann, bei der Abschlusspressekonferenz bekanntgab, könnten Geschädigte in Zukunft mit höheren Schmerzensgeldzahlungen rechnen.

Individuell festgelegte Einmalzahlungen zwischen 5.000 und 50.000 Euro

Demnach will sich die Katholische Kirche in der Höhe der Leistungen an den Schmerzensgeldern der staatlichen Gerichte in vergleichbaren Fällen anlehnen. Es soll sich nicht um Pauschalbeträge handeln, sondern um individuell festgelegte Einmalzahlungen. Dabei wolle man sich am oberen Bereich der zuerkannten Summen orientieren, betonte Ackermann. Diese bewegten sich zwischen 5.000 und 50.000 Euro. Eine Deckelung gebe es nicht. „Wir lehnen uns an an ein System, das sich auch weiterentwickelt, das dynamisch ist“, so Ackermann. Der Trierer Bischöfe wies auch darauf hin, dass es um die Linderung des immateriellen Leids gehe, nicht um eine Kompensation von materiellen Schäden.

Eine unabhängige Arbeitsgruppe hatte bereits im September ein Arbeitspapier vorgelegt, in dem für eine Neuregelung der Schmerzensgeldzahlungen zwei Modelle vorgeschlagen worden waren. Das eine sah eine pauschale Entschädigung in Höhe von rund 300.000 Euro pro Fall vor, das andere ein abgestuftes Entschädigungsverfahren, bei dem je nach Schwere des Falls zwischen 40.000 und 400.000 Euro gezahlt werden sollen.

Im Unterschied zu Entscheidungen staatlicher Gerichte sollen im von den Bischöfe beschlossenen Verfahren keine umfangreichen Beweise oder Nachweise nötig sein. Vielmehr sollen Betroffene „unbürokratisch, unabhängig von Verjährungsfristen und ohne umfangreiche Nachweise“ Leistungen erhalten können.  

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Bestandteil eines umfassenderen kirchlichen Angebots

Bischöfe Ackermann betonte darüber hinaus, dass die materiellen Leistungen Bestandteil eines umfassenderen kirchlichen Angebots an die Betroffenen sexuellen Missbrauchs seien. Zu diesem Angebot von kirchlicher Seite gehörten auch Gespräche mit Verantwortlichen in der Katholische Kirche sowie verschiedene Möglichkeiten zur Information und Begleitung. Dadurch würden materielle Leistungen in einem größeren Zusammenhang stehen „in der Art und Weise, wie wir Menschen begegnen“, so Ackermann.

Wie die Mittel zur Finanzierung der Leistungen aufgebracht werden, muss jedes Bistum selbst entscheiden. „Über die konkrete Ausgestaltung entscheiden die zuständigen diözesanen Gremien“, heißt es in den Beschlüssen der Bischöfe. Die erste Verantwortung zur Erbringung der Leistungen liege beim Täter. Da einige Diözesen außer der Kirchensteuer über keine nennenswerten Einnahmen verfügten, ist die Verwendung von Kirchensteuermitteln nicht gänzlich auszuschließen.

Der neue Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, nahm bei der Abschlusspressekonferenz zur Frühjahrsvollversammlung auch zum innerkirchlichen Reformprozess des Synodalen Wegs Stellung. Man werte die erste Synodalversammlung, die Ende Januar in Frankfurt stattgefunden hatte, als gelungenen Auftakt „In Frankfurt war eine neue Art des Miteinanders spürbar, das sich in der Form der Gottesdienste, im gegenseitigen Zuhören bis hin zur Sitzordnung gezeigt hat“, so Bätzing. Er stehe persönlich dafür ein, dass der Synodale Weg gut weitergehen werde.

In der Spur dessen, was der Papst will

Zudem betonte Bischof Bätzing, dass die vier Synodalforen die Themen repräsentierten, „die der Evangelisierung in unserem Land dienen“. So könnten „Blockaden“ überwunden werden, die bisher verhinderten, dass das Evangelium bei den Menschen ankomme. Papst Franziskus gebe immer wieder gute Hinweise dazu. „Wir stehen mit dem Synodalen Weg genau in der Spur dessen, was der Papst will, auf dem Weg einer Evangelisierung für unser Land und der Kirche selber“, meinte Bätzing.

Angesprochen auf den Druck hinsichtlich der Frage des Tempos von Reformen, insbesondere hinsichtlich der Rolle der Frau in der Kirche, verwies Bischof Bätzing darauf, dass sich durch das Aufzeigen von Wegen eine hohe Vergemeinschaftung ergebe. Das sei ein größerer Wert als Geschwindigkeit. Die Forderungen des "Katholischen Frauenbunds" (kfd) und der Reformbewegung „Maria 2.0“ bezeichnete Bätzing als Maximalforderungen, die nicht kurzfristig realisierbar seien. Er zeigte zwar Verständnis dafür, jedoch sei der Synodale Weg der "Weg der Versachlichung", der Enttäuschungen am Ende abfangen könne.

Die Ökumene bewegt vor allem im Blick auf den Ökumenischen Kirchentag 2021 in Frankfurt die Gemüter. Immer wieder steht die Frage nach dem gemeinsamen Abendmahl im Raum. Mit Blick auf das, was möglich sei, auch vor dem Hintergrund des Dokumentes des Ökumenischen Arbeitskreises (ÖAK), betonte der neue DBK-Vorsitzende, dass er abstrahieren müsse von dem, wovon er persönlich überzeugt sei und dem, was vergemeinschaftet und als Kirche möglich sei.

DT/mlu/pwi

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