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Die Revolution fällt aus

Weder Lockerung des Zölibats noch Frauenweihe: Das Amazonas-Schreiben von Papst Franziskus legt den Akzent auf die bewährten Wege der Pastoral.
"Querida Amazonia" veröffentlicht
Foto: Alessandra Tarantino (AP) | Man muss den Mut des Papstes bewundern. Er lässt sich nun doch nicht von denen instrumentalieren, die sich in Lateinamerika, aber auch anderswo einen Paradigmenwechsel in der katholischen Kirche erhofft hatten.

Nach dem angekündigten Rückzug des Konferenzvorsitzenden Kardinal Reinhard Marx haben die so genannten „Reformer“ des Synodalen Wegs eine weitere bittere Pille zu schlucken. Mit seinem lange erwarteten postsynodalen Schreiben zur Amazonas-Synode lieferte Papst Franziskus jetzt alles andere als eine Steilvorlage, um in der Frage der Frauenweihe oder der Lockerung des Zölibats deutsche Sonderwege vorzuzeichnen. Stattdessen erinnert Franziskus mit seiner dringenden Bitte, mehr Priester als Missionare zu den entlegenen Gemeinden im Amazonasbecken zu schicken, an die Enzyklika „Fidei donum“ aus dem Jahr 1957, in der Pius XII. darum bat, mehr Priester nach Afrika, Asien und Lateinamerika zu entsenden, um den dortigen Priestermangel zu beheben.

Befreiungstheologen gehen leer aus

Download: Im Wortlaut das nachsynodale Schreiben "Querida Amazonia"

Der Vorsitzende des Netzwerks REPAM, Kardinal Cláudio Hummes, der auf der Synode mit einem flammenden Appell für verheiratete Priester und Diakoninnen auffiel, war zur Vorstellung des Papstschreibens nicht einmal eingeladen. Stattdessen präsentierte Kurienkardinal Michael Czerny SJ das Dokument. Befreiungstheologen wie Erwin Kräutler oder Paolo Suess gingen leer aus. „Querida Amazonia“ beschreitet die klassischen Wege der Pastoral, einschließlich der besonderen Dienste und Ämter für Frauen oder Laien, die es im Amazonasgebiet aber eh schon gibt. Die Spitzen von Adveniat und Misereor, Adveniat-Bischof Franz-Josef Overbeck eingeschlossen, sehen ihre Erwartungen nicht erfüllt, die Amazonas-Synode könne Bewegung in Sachen „viri probati“ und Diakoninnenweihe bringen. Aber auch der Verdacht, Franziskus ermuntere die Bischöfe in Deutschland insgeheim, den Zölibat zu lockern oder Frauen zu Diakonen zu weihen, erübrigt sich mit einem Blick in „Querida Amazonia“.

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Stattdessen muss man den Mut des Papstes bewundern. Er lässt sich nun doch nicht von denen instrumentalieren, die sich in Lateinamerika, aber auch anderswo, unter dem Deckmantel einer „indigenen Theologie“ oder Befreiungstheologie einen Paradigmenwechsel in der katholischen Kirche erhoffen. Diese Kräfte, die sich vor der Synode etwa in dem Netzwerk REPAM gebündelt hatten, werden Franziskus nun fallen lassen. Die Mär vom „Reformpapst“ aus Lateinamerika ist ausgeträumt. Und konservative Katholiken wie in den Vereinigten Staaten sollten aufhören, in Franziskus immer nur die Abbruchbirne der Tradition zu sehen.

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