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Kasper: Ökumene kann man nicht am Schreibtisch erfinden

Ökumene sei kein Verlustgeschäft, sondern ein Gewinn für beide Seiten“, so der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper. Man könne die Einheit nicht erzwingen, müsse aber „die Schritte tun, die möglich sind“.
Kasper und Alt diskutieren über Ökumene
Foto: Sebastian Gollnow (dpa) | Kasper betonte, dass beim gemeinsamen Kommunionempfang zumindes auf offizieller Ebene bisher noch kein zufriedenstellender Konsens erreicht sei.

Der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper hat zu weiteren Anstrengungen für die Ökumene aufgerufen. „Ökumene ist kein Verlustgeschäft, sondern ein Gewinn für beide Seiten“, erklärte Kasper am Dienstagabend in Leipzig. „Die Einheit der Kirchen könne man aber nicht am Schreibtisch erfinden, so der frühere vatikanische „Ökumene-Minister“. „Sie muss im Leben und von unten in den Gemeinden wachsen.“ Die Einheit zwischen Katholiken und Protestanten könne man weder machen noch erzwingen: „Aber man muss die Schritte tun, die möglich sind.“

Kein zufriedenstellender Konsens beim Kommunionempfang

Kasper betonte, dass die Theologen beider Konfessionen sich inzwischen „sehr nahe gekommen“ seien. „Auch sind die Konfessionsgrenzen heute durchlässig geworden.“ Gleichwohl sei etwa beim gemeinsamen Kommunionempfang „bisher ein zufriedenstellender Konsens - zumindest auf offizieller Ebene - noch nicht erreicht“.

Kasper äußerte sich im Rahmen eines Streitgesprächs mit dem evangelischen Altbischof Wolfgang Huber in Leipzig. Anlass für die Debatte über die Zukunft der Ökumene im 21. Jahrhundert war das 500. Jubiläum der „Leipziger Disputation“, einem Streitgespräch zwischen dem Reformator Martin Luther und dem Ingolstädter Theologieprofessor Johannes Eck.

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Unterschiede, die größer geworden sind

Der evangelische Berliner Alt-Bischof Wolfgang Huber mahnte eindringlich, dass man in der Frage des gemeinsamen Kommunionempfangs weitere Schritte aufeinander zugehen und endlich den Hoffnungen vieler Christen entgegenkommen müsse. Zugleich erklärte er, dass es zwischen den beiden Kirchen auch Unterschiede gebe, die größer geworden seien, etwa beim Zugang von Frauen zum kirchlichen Amt.

„Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass es einen ökumenischen Weg gibt, wo wir als evangelische Kirche diesen Schritt wieder rückgängig machen“, unterstrich der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Kasper nannte die „Amtsfrage“ eine Grundfrage der Ökumene. „Wie wird Jesus Christus verbindlich bezeugt, ist dabei die entscheidende Frage“, so der Kardinal. Die Frage der Frauenordination sei ein „Teilproblem“ davon. Huber bezeichnete die Amtsfrage ebenfalls als „riesige Herausforderung“. Die evangelische Kirche nehme „sehr aufmerksam“ wahr, dass die katholische Kirche bei ihren gegenwärtigen Diskussionen im Zuge des „Synodalen Wegs“ auch ihr Amtsverständnis neu in den Blick nehme und frage, ob „Lehre, Liturgie und Leitung unbedingt in einer Hand liegen müssen“.

DT/KNA/mlu

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