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Eine Kirche mit „thailändischem Gesicht“

Papst Franziskus macht den Geistlichen in Bangkok Mut dazu, das Evangelium ohne „fremdartige Kleidung“ zu verkünden.
Papst Franziskus in Japan
Foto: Gregorio Borgia (AP) | Papst Franziskus trifft sich mit den Bischöfen in der Apostolischen Nuntiatur in Tokio.

Papst Franziskus ist in Tokio eingetroffen und empfängt – vor seinem Weiterflug nach Nagasaki – die japanischen Bischöfe in der Apostolischen Nuntiatur. Hinter liegt ihm ein zweitägiger Besuch in Thailand, das sich dem Gast aus Rom farbenfroh, sehr folkloristisch und mit vielen gelben Fähnchen zeigt. Gelb und Weiß sind die Farben des Vatikans, Gelb ist aber auch die des thailändischen Königshauses. Von den Strapazen des langen Hinflugs aus Rom hatte sich Franziskus am zweiten Tag erholt, am ersten Besuchstag in Thailand waren sie ihm noch deutlich anzumerken.

Sich nicht von der Welt verwirren lassen

In der Kathedrale Mariä Himmelfahrt in Bangkok hat der Papst am Freitagabend (Ortszeit) mit Jugendlichen eine Messe gefeiert. Er erinnerte sie in seiner Predigt an „die großartige Geschichte der Evangelisierung“, deren Erben die jungen Katholiken von heute seien. „Diese schöne Kathedrale”, sagte Franziskus, „bezeugt den Glauben an Christus, den eure Vorfahren hatten: ihre tief verwurzelte Treue veranlasste sie, gute Werke zu tun und diesen anderen noch schöneren Tempel aus lebendigen Steinen zu bauen, um den Menschen ihrer Zeit die barmherzige Liebe Gottes zu bringen.

Der Papst bat die jungen Gläubigen, den christlichen Wurzeln ihrer Vorfahren treu zu bleiben. Es tue ihm weh, sagte Franziskus, „dass einige den jungen Menschen vorschlagen, eine Zukunft ohne Wurzeln aufzubauen, als ob die Welt jetzt anfangen würde. Ohne dieses starke Gefühl der Verwurzelung könne es leicht passieren, „dass wir uns von den konkurrierenden Stimmen dieser Welt verwirren lassen. Viele von ihnen kommen als attraktive, gut ,geschminkte’ Angebote daher, die zunächst schön und solide erscheinen, mit der Zeit aber nur noch Leere, Müdigkeit, Einsamkeit und Lustlosigkeit hinterlassen und den Lebensfunken zum Erlöschen bringen, den der Herr einst in jedem von uns entzündet hat.“

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Das Christentum ist hier zu sehr „die Religion der Fremden“

Zuvor hatte der Papst am Freitagvormittag (Ortszeit) Priester und Ordensleute getroffen. Bei der Vorbereitung auf diese Begegnung habe er mit etwas Schmerz gelesen, dass der christliche Glaube für viele Thailänder ein fremder Glaube und eine Religion der Ausländer sei. Das zwinge die Katholiken, nach Wegen zu suchen, den Glauben „im Dialekt“ der Einheimischen zu verkünden. „Verleihen wir dem Glauben in diesem Vertrauen ein thailändisches Gesicht und eine thailändische Gestalt, was weit mehr bedeutet, als Übersetzungen anzufertigen. Es bedeutet zuzulassen, dass das Evangelium sich seiner zwar guten aber fremdartigen Kleidung entledigt, um in der hiesigen, euch eigenen Tonalität zu erklingen und die Seele unserer Brüder und Schwestern mit der gleichen Schönheit zum Schwingen zu bringen, die unser Herz entflammt hat.“

Nachmittags kam es dann bei einem interreligiösen Treffen in der Chulalongkorn-Universität zu einer Premiere: Ein gemischter Chor von christlichen Jugendlichen aus den Volksgruppen im Norden Thailands sowie muslimischen aus dem Süden singt unter anderem das Friedensgebet des Franz von Assisi. In der Aula der Hochschule saßen Buddhisten, Hindus, Muslime, Sikhs sowie Christen. Vor ihnen warnte Franziskus vor einem protektionistischem Denken: Die Zeiten seien vorbei, in denen Abschottung zur Lösung von Konflikten dienen konnte. Stattdessen plädierte er für den Aufbau einer neuen Dialogkultur und lud die Religionsgemeinschaften ein, Foren zu bilden. Es gelte, für Menschenwürde und das Recht auf Gewissens- und Religionsfreiheit einzutreten. Kulturelle Verschiedenheit und Eigenarten seien kein Selbstzweck.

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Keine Angst, auf die Straße zu gehen

Am gleichen Tag war der Papst auch mit den sechzehn Bischöfen Thailands und Vertretern der Föderation der neunzehn asiatischen Bischofskonferenzen zusammengetroffen. Vor ihnen ermunterte Franziskus zum Vertrauen auf die Führung des Heiligen Geistes auf. Auch frühere Missionare seien offen gegenüber neuen Realitäten gewesen und hätten sich Randgruppen zugewandt. Das Evangelium müsse „an alle Sünder von gestern wie von heute“ weitergegeben werden. Ein Schaf sei erst dann verloren, „wenn der Hirte es aufgegeben hat, nicht vorher“, meinte der Papst. Er sprach sich für eine Kirche auf dem Weg aus, eine Kirche ohne Angst, auf die Straße zu gehen und sich dem Leben der ihr anvertrauten Menschen zu stellen“. Dabei machte der den asiatischen Bischöfen ein Kompliment: „Wie viel wir doch von euch lernen müssen, die ihr in vielen eurer Länder oder Regionen Minderheiten seid und euch dabei nicht von Minderwertigkeitskomplexen oder Geltungsbedürfnis mitreißen oder vergiften lasst.“

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