Papst Franziskus hat den Präfekten des Päpstlichen Hauses, Erzbischof Georg Gänswein, auf unbestimmte Zeit beurlaubt. Das bestätigen Vatikankreise gegenüber dieser Zeitung. Der Privatsekretär des emeritierten Papstes bleibt als Leiter der Präfektur, die für den Ablauf der öffentlichen Audienzen des Papstes zuständig ist, im Amt, ist aber freigestellt, um mehr Zeit Benedikt XVI. widmen zu können.
Meinungsverschiedenheiten zwischen Gänswein und Sarah
Hintergrund ist offenbar die unglücklich gelaufene Präsentation des Kleriker-Buchs von Kardinal Robert Sarah, zu dem Benedikt XVI. einen Aufsatz über das katholische Priestertum beigesteuert hatte. Die Aufmachung, die das Verlagshaus Fayard in Frankreich dem Buch gegeben hatte, erweckte im ersten Moment den Eindruck, beide – der emeritierte Papst und der Präfekt der Gottesdienstkongregation – wollten dem amtierenden Papst vorschreiben, wie er die von der Amazonas-Synode aufgeworfenen Frage der „viri probati“ zu lösen habe.
Als das Buch dann ausgeliefert wurde, konnte man nachlesen, dass Benedikt in seinem Beitrag auf jede Einmischung in aktuelle Debatten verzichtet und über die pneumatologisch-christologisch Exegese des Übergangs des Priestertum vom Alten zum Neuen Bund geschrieben hatte. Jedoch hatte es zwischen Gänswein und Sarah Meinungsverschiedenheiten und widersprüchliche Darstellungen der Genese des Buchs gegeben. Der Präfekt des Päpstlichen Hauses wird derzeit bei den öffentlichen Audienzen des Papstes von dem Regenten der Präfektur, Leonardo Sapienza, vertreten. Wann Gänswein seine Tätigkeit in der Präfektur wieder aufnehmen wird, ist ungewiss.
Die Diskussionen um Sarahs Buch "Des profondeurs de nos coeurs" (Aus den Tiefen unserer Herzen) hatten Mitte Januar begonnen, nachdem die französische Tageszeitung „Le Figaro“ vorab Auszüge veröffentlicht hatte. Schließlich ließ Benedikt über seinen Privatsekretär, Erzbischof Georg Gänswein, klarstellen, dass er nicht Co-Autor des viel diskutierten Buches sei. Zudem gab Gänswein bekannt, dass der Name Benedikts von der Titelseite entfernt werden müsse.
Zudem dementierte Gänswein gegenüber der „Tagespost", dass Papst Franziskus persönlich in die Präsentation und Veröffentlichung des Zölibats-Buchs eingegriffen haben soll. Der italienische Autor Antonio Socci hatte auf seiner Facebook-Seite unter Berufung auf „glaubwürdige Quellen im Vatikan“ behauptet, dass Franziskus persönlich Gänswein zu sich gerufen habe und ihm „wütend“ befohlen habe, dass der Name Benedikts XVI. von der Titelseite des Sarah-Buchs „Aus den Tiefen unserer Herzen“ entfernt werden müsse.
DT/gho
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