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Die Glaubens- und Sittenlehre nicht dem Zeitgeist anpassen

Kardinal Müller warnt davor, die Lebenswirklichkeit zur "Quelle der Offenbarung" zur erklären. Synodaler Weg kann keine Entscheidungen des Lehramtes korrigieren.
Kardinal Müller mit Blick auf die Beratungen des Synodalen Weges
Foto: Paul Haring (KNA)

Unmittelbar vor Beginn der ersten Synodalversammlung des Synodalen Weges hat Kardinal Gerhard Ludwig Müller davor gewarnt, die Glaubens- und Sittenlehre der Kirche dem Zeitgeist anzupassen und in der Lebenswirklichkeit "eine Quelle der Offenbarung" zu sehen. In einem Beitrag für "Welt&Kirche", der Sonderbeilage der Tagespost zum Synodalen Weg, schreibt der Kardinal: Synoden und Konzilien hätten sich nie angemaßt, "die Kirche neu zu stiften oder ihre Glaubens- und Sittenlehre dem jeweiligen Zeitgeist anzubequemen und den herrschenden Weltanschauungen und Lebensstilen anzupassen."

Der Synodale Weg kann den Heiligen Geist nicht für sich reklamieren

Diesbezüglich herrsche Einmütigkeit mit den gläubigen Christen evangelischer Konfession, betont Müller. Diese hätten in der „Theologischen Erklärung von Barmen“ (1934) gegenüber den Deutschen Christen mit ihrer Irrlehre von den „Lebenswirklichkeiten als zweiter Quelle der Offenbarung“ neben dem Wort Gottes gesagt: „Wir verwerfen die falsche Lehre, als dürfe die Kirche die Gestalt ihrer Botschaft und ihrer Ordnung ihrem Belieben oder dem Wechsel der jeweils herrschenden weltanschaulichen und politischen Überzeugung überlassen.“ 

Grenzen kirchlicher Vollmacht

Müller erinnert an die Grenzen kirchlicher Vollmacht. Auch der Papst und alle Gläubigen seien gebunden an die Schrift, die Tradition und das bisherige Lehramt.  Es sei unmöglich unter dem Vorwand einer "neuen Hermeneutik" das Glaubensbekenntnis und die Lehre der Kirche substanziell umzudeuten oder gar auszuhöhlen. Es sei kaum anzunehmen, dass ein Gremium wie der Synodale Weg in Deutschland für sich den Heiligen Geist reklamieren könne, um die Autorität der Heiligen Schrift, der Apostolischen Tradition und der unfehlbaren Entscheidungen des Lehramtes zu suspendieren, zu korrigieren und umzuinterpretieren, mahnte Müller. Der Synodale Weg sei auch keine kirchenamtlich befugte oder wissenschaftlich ausgewiesene Instanz, die die Dogmen oder das göttliche Recht „weiterentwickeln“ könne. 

Geburtsfehler des synodalen Prinzips 

So berechtigt es sei beim Zusammenwirken von Bischöfen, Priestern und Laien in diözesanen und überdiözesanen Gremien von einem synodalen Prinzip zu sprechen, so dürfe doch sein Geburtsfehler nicht überspielt werden, hebt Müller hervor. Dieser besteht nach Ansicht des Kardinals aus dem "politischen Missverständnis",  in der Kirche gehe es um Macht, die nun „demokratisch“ begrenzt und geteilt werden müsse. Von einer „Gewaltenteilung in der Kirche“ zu sprechen sei nichts anderes als "Populismus und theologische Ignoranz", kritisierte Müller.  In Wirklichkeit stehe die geistliche Vollmacht der Bischöfe und die Sendung der Laien "im Dienste der geoffenbarten Wahrheit und des ewigen Heils all derer, für die Jesus Christus am Kreuz sein Leben geopfert hat". 

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Mit Nachdruck rief der Kardinal zur Neuevangelisierung auf. "Statt sich den großen theologischen und anthropologischen Herausforderungen des Entchristlichungsprozesses intellektuell und spirituell zu stellen, meint man mit der Neuauflage der alten Agenda der 1970er Jahre (Aufhebung des unverstandenen Priesterzölibates, Zugang von Frauen zum sakramentalen Amt, Interkommunion bei bleibender Trennung im Glauben, Anerkennung sexueller Gemeinschaft außerhalb der Ehe et cetera) die Kirche modernisieren zu müssen." 

Neuevangelisieren statt den Niedergang exportieren

Stattdessen sollte das synodale Prinzip für das gemeinsame Werk der Neuevangelisierung Deutschlands fruchtbar werden, forderte Müller. "Damit hätten wir Deutsche schon genug für die Weltkirche getan, die nicht auf den Export des beispiellosen Niedergangs des christlichen Lebens in der Mitte Europas wartet."

"Welt&Kirche", die Sonderpublikation der Tagespost zum Synodalen Weg, erscheint am Donnerstag als Beilage der aktuellen DT-Ausgabe. 

DT 

Warum das Bischofskollegium kein exklusiver Club ist und die Laien eine Mitverantwortung in Glaubensfragen haben, erfahren Sie im Beitrag von Kardinal Müller in der kommenden Ausgabe der Tagespost. Holen Sie sich das ePaper dieser Ausgabe

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