Deutlichen Unmut darüber, dass rund um die Amazonassynode mehr über „viri probati“ als über „die ökologische Bedrohung dieser für das Weltklima so wichtigen Region“ diskutiert wurde, hat der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenzen, Kardinal Christoph Schönborn, geäußert. In einer Pressekonferenz nach der Herbstvollversammlung der Bischöfe sagte der Wiener Kardinal am Freitag, es handle sich hier um „eine zentale Herausforderung für die gesamte Menschheit“.
„Stirbt Amazonien, dann stirbt die Welt“, mit diesem Zitat des deutschen Klimaforschers Hans Joachim Schellnhuber bei der jüngsten Bischofssynode wies Schönborn darauf hin, dass die drohende Vernichtung des Regenwaldes dramatische Auswirkungen auf das Weltklima hätte.
Schönborn weist Vergleich von Amazonasregion und Österreich zurück
Vergleiche der seelsorglichen Situation im Amazonasgebiet und in Österreich wies Schönborn zurück: Mit 7,5 Millionen Quadratkilometern sei diese Region etwa 80 mal so groß wie Österreich. In diesem Zusammenhang hätten die Synodenväter einen Vorschlag zur möglichen Zulassung von verheirateten Männern zur Priesterweihe angenommen. Es solle dort das Amt der Ständigen Diakone gefördert werden, damit „eine Ressource entsteht, aus der dann Männer für die Priesterweihe vorgeschlagen werden“, so der Wiener Kardinal. Er betonte erneut, dass „die Grundform des priesterlichen Dienstes in der römisch-katholischen Kirche die ehelose Lebensform bleibt, wie Jesus Christus sie selbst gelebt hat“.
Nicht ausgeschöpft, was Getaufte alles tun können
Zu Rufen nach einer Zulassung von Frauen zu geweihten Ämtern heißt es in einer am Freitag veröffentlichten Erklärung der Österreichischen Bischofskonferenzen: „Manche Erwartungen können in der aktuellen weltkirchlichen Situation der Kirche nicht so beantwortet werden, wie dies als Forderung seit längerem bekannt ist.“ Schönborn erklärte auf Rückfragen hierzu, dass „bei weitem nicht ausgeschöpft“ sei, „was Getaufte alles tun können“. Gerade in Gegenden wie dem Amazonasgebiet sollten Frauen nicht nur de facto, sondern auch offiziell mit der Leitung von priesterlosen Gemeinden beauftragt werden können.
Die massenhafte Abwanderung katholischer Gläubiger zu den Freikirchen in Lateinamerika sei bei den Synodengesprächen unterbelichtet gewesen, räumte Schönborn auf eine Frage dieser Zeitung ein. „Dass diese Frage nicht mehr gestellt wurde, hat mich sehr gewundert.“ Die Pfingstkirchen seien vor allem in den Favelas unter den Armen sehr präsent, häufig auch mit dem Versprechen schnellen Wohlstands. Das führe auch zu Enttäuschungen, weshalb es „viel Fluktuation“ gebe. Viele kehrten dann enttäuscht zur katholischen Kirche zurück oder wendeten sich ganz von der Religion ab.
Schönborn kritisiert erneut Pachamama-Aktion Tschugguels
Neuerlich kritisierte Kardinal Schönborn die Aktion des Wiener Lebensrechtlers Alexander Tschugguel, der mehrere Pachamama-Statuen in den Tiber geworfen hatte. Das sei „ungeheuerlich“ und „gehört sich einfach nicht“, so der Erzbischof von Wien. Die Statue zeige eine schwangere Frau und sei deshalb auch als „Pro-Life-Bekenntnis“ zu interpretieren. Auf Rückfragen von Journalisten, ob sich die katholische Kirche in Österreich nun vom „Marsch fürs Leben“ distanzieren werde, weil dieser von Tschugguel mitorganisiert wird, sagte Schönborn: „Natürlich wird sich die Kirche weiterhin für das Leben engagieren!“
In einer am Freitag veröffentlichten Stellungnahme beklagen Österreichs Bischöfe, dass die „vor über 40 Jahren von der Politik angekündigten flankierenden Maßnahmen“ zur in Österreich geltenden Fristenregelung noch immer „auf ihre vollständige Umsetzung“ warten. Und weiter: „Die Bischöfe unterstützen alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte, die sich dafür einsetzen, das ungeborene Leben zu schützen und zu fördern. Die Stimme für das Leben darf nie verstummen.“
DT/sba
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