Der Jesuit Hans Zollner, Leiter des Kinderschutzzentrums "Centre for Child Protection" an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom, hat den kürzlich erschienen Text von Benedikt XVI. zur Missbrauchskrise gewürdigt. Der Text des emeritierten Pontifex habe zu einer theologischen Auseinandersetzung geführt, erklärte Zollner im Interview mit der Tagespost.
Diskussion auch über theologische Positionen und zeitgeschichtliche Einordnungen
Es werden nicht nur über die kirchenpolitische Bedeutung dieser Äußerung diskutiert, sondern auch über die theologischen Positionen und zeitgeschichtlichen Einordnungen, die darin vorgenommen worden seien. Zollner, der seit 2014 der Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen angehört, verwies auch auf Benedikts Brief an die irischen Katholiken als "fast das einzige Dokument der Kirchenleitung, in dem in über dreißig Jahren überhaupt die theologische Frage angesprochen wurde".
Zollner: Größere Einfachheit und asketischere Kirche nötig
Angesprochen auf mögliche Antworten auf den Missbrauchsskandal erklärte Zollner, es werde nicht gehen ohne eine größere Einfachheit und eine asketischere Kirche. Es fehle eine "Fortentwicklung jener Askese, die in den 60er, 70er Jahren über Bord geworfen wurde. Sie wurde meines Erachtens über Bord geworfen, weil jene Askese ihren Zweck nicht mehr erreichte. Askese heißt: Ich verzichte auf etwas, um mir leibhaft und wiederholt in Erinnerung zu rufen, dass das Evangelium nicht nur ein Gewinn ist, sondern mich auch etwas kostet: Nur, wer sein Leben um Jesu willen verliert, der gewinnt es. Das kostet viele Dinge, die man sich wünschen könnte, die aber unter der Perspektive des Evangeliums nicht gut sind. Eine asketische Übung, die heute dringend notwendig wäre, ist der Umgang mit der Internetkommunikation."
DT
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