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Zeugnis geben in der Welt

Frühjahrsinvestitur in Würzburg: Großprior Kardinal Marx nimmt 22 Frauen und Männer in der Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem auf.
Kardinal Marx  nimmt 22 Frauen und Männer in der Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem auf.
| Beim Investiturgottesdienst im Kiliansdom nahm Großprior Kardinal Reinhard Marx 22 Frauen und Männer in den Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem auf. Im Bild erteilt er Matthias Müller-Reichart den Ritterschlag.

Bei einem Pontifikalgottesdienst im Würzburger Kiliansdom hat Kardinal Reinhard Marx, Großprior des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem, am Samstag, 5. Mai, neun Frauen und 13 Männer neu in den Orden aufgenommen. „Denken Sie an Ihren Auftrag: Gefährte Jesu zu sein, damit Gottes Liebe in der Welt sichtbar wird“, rief der Kardinal den Rittern und Damen des Ordens zu. Deutschlandweit gehören nach offiziellen Angaben etwa 1400 Personen dem Ritterorden an, etwa 450 Mitglieder und deren Angehörige sowie weitere Gläubige feierten den Gottesdienst mit. Konzelebranten waren unter anderem Abt Hermann Josef Kugler, Abt der Prämonstratenserklöster Windberg und Roggenburg, sowie Mitglieder des Würzburger Domkapitels. An der Feier nahmen auch Bayerns Justizminister Professor Dr. Winfried Bausback, Innenminister und Ordensritter Joachim Herrmann sowie Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt teil.

In seiner Predigt betonte der Kardinal, man könne den Eindruck haben, es gebe einen neuen „Kulturstress“. Die Globalisierung beispielsweise werde heute vielfach als große Bedrohung kritisiert. „Es ist sehr schwer, in allen Turbulenzen und Diskussionen einen klaren Kopf zu bewahren.“ Kardinal Marx warnte vor einem Schwarz-Weiß-Denken. Anders als sein Namensvetter Karl Marx glaube er nicht an das Paradies auf Erden. Christen seien aufgerufen, inmitten der Welt zu leben und dafür Zeugnis zu geben, das die Welt Gottes größer sei.

„Die österliche Welt ist durch das Kreuz Christi gegenwärtig, durch sie wird die alte Welt überwunden.“ Wichtig sei die vom Papst immer wieder geforderte Unterscheidung der Geister – auch in der Kirche. Ignatius von Loyola, Gründer des Jesuitenorden, habe zu diesem Zweck die Exerzitien „erfunden“. Es gelte immer, die Frage zu beantworten, was einem helfe, an Jesu Seite zu bleiben. Dazu sei es hilfreich, die Worte Jesu intensiv zu betrachten. Gott habe seinen Sohn in die Welt geschickt, damit alle Menschen Hoffnung haben. „Zu diesem Auftrag gehören auch wir dazu – für Frieden, Versöhnung und Brücken, die gebaut werden.“

Die Aufforderung Jesu „Bleibt in meiner Liebe, bleibt in meinem Wort“ stehe dafür, dass das Christentum etwas Provokatives habe, das über das Sichtbare hinausgehe, sagte Kardinal Marx. „Wir begrüßen alle Initiativen für das Kreuz im öffentlichen Raum. Großartig!“ Es sei ein Zeichen für das, was Christus für die Menschen getan hat und darüber hinaus eine Einladung an alle. Aber das Kreuz müsse auch sprechen und spürbar werden im Zeugnis. „Der Staat – und dafür sind wir sehr dankbar – hat ein gutes Verhältnis zum Glauben und der Kirche. Und er darf in einem solchen Land auch ein besonderes Verhältnis zum Christentum haben. Da sehe ich rechtlich überhaupt keine Probleme. Ohne dass er andere diskriminiert, sagt er: das ist eine besondere Beziehung durch unsere Geschichte hindurch.“

Aber der Staat könne nicht das Zeugnis der Christen ersetzen. Durch ihr Leben, ihre Liebe, ihre Aktivität, ihren Einsatz in der Gesellschaft müssten Christen deutlich machen, dass das Kreuz kein Kampfzeichen sei, sondern es ein Zeichen sei, das alle Menschen in Liebe zusammenführen wolle. „Das geht nur im Miteinander mit dem Staat. Der Staat gibt uns den Raum, wir müssen ihn mit unserem Leben und Zeugnis füllen.“ Es gelte, etwas Fruchtbares aus der aktuellen Debatte zu machen, betonte Kardinal Marx. Die Ordensmitglieder seien in besonderer Weise gefordert, Gefährten Jesu zu bleiben und immer wieder neu zu werden.

Nach der Anrufung des Heiligen Geistes traten die Kandidatinnen und Kandidaten vor den Altar. Dort nahmen sie aus den Händen von Großprior Kardinal Marx das Ordenskreuz entgegen. Die Priester bekamen zusätzlich eine Mozetta mit dem Ordenskreuz umgehängt, die anderen Männer empfingen einen Ritterschlag mit dem Zeremonienschwert. Unter diesen waren auch der gebürtige Würzburger Matthias Müller-Reichart (52), Lehrstuhlinhaber für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Risikomanagement an der Hochschule Rhein-Main in Wiesbaden und Studiendekan der Wiesbaden Business School, sowie Dr. Uwe Zimmermann (48), Leiter der Allgemeinen Bürgerdienste in der Stadtverwaltung Würzburg.

Gastgeberin der insgesamt dreitägigen Frühjahrsinvestitur war die Komturei Sankt Kilian, eine Würzburger Vereinigung von Heilig-Grab-Rittern. Zu dem Ereignis kamen Gäste aus ganz Deutschland sowie Delegationen aus den Statthaltereien in Belgien, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz sowie von der Ordensleitung in Rom. Der katholische Fernsehsender EWTN.TV übertrugt den Investitur-Gottesdienst am Samstag sowie das Pontifikalamt am Sonntag, 6. Mai, mit Diözesanadministrator Weihbischof Ulrich Boom live. Für die musikalische Gestaltung des Investitur-Gottesdiensts sorgten der Kammerchor und das Barockorchester am Würzburger Dom unter der Leitung von Domkapellmeister Christian Schmid sowie beim Pontifikalamt am Sonntag Domchor und Camerata Würzburg unter der Leitung von Domkantor Alexander Rüth. Bei beiden Gottesdiensten spielte Domorganist Professor Stefan Schmitt die Orgel.

Stichwort: Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem

Der Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem ist ein päpstlicher Orden. Ihm gehören katholische Laien und Geistliche an. Ziel ist die Förderung der christlichen Lebensführung seiner Mitglieder. Der Orden gibt geistige und materielle Unterstützung für die Aktivitäten und Einrichtungen der Katholische Kirche im Heiligen Land, insbesondere der des Lateinischen Patriarchats. Unter anderem fördert er den Bau und die Unterhaltung von Kirchen, Schulen, Kindergärten, Altenheimen, Krankenstationen sowie die Hilfe für sozial schwache und alte Menschen. Finanziert wird diese Unterstützung aus Jahresbeiträgen und Spenden. Weltweit ist der Ritterorden in 35 Staaten verbreitet und zählt rund 30.000 Mitglieder in 59 Statthaltereien (Stand November 2013). Die Leitung obliegt dem Kardinalgroßmeister in Rom. Eine Bewerbung um eine Mitgliedschaft ist nicht möglich. Der Orden wählt seine Mitglieder unter geeigneten Persönlichkeiten, die Gewähr bieten, die Ordensziele zu erfüllen.

mh (POW) / DT (jbj)

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