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„Wir bitten Sie um Hilfe“

Der Brief der sieben deutschen Bischöfe zur Ökumene-„Handreichung“ im Wortlaut
Ökumene-„Handreichung“
Foto: dpa

Der Brief von sieben Diözesanbischöfen zum Entwurf einer „Pastoralen Handreichung“ der Deutschen Bischofskonferenz mit dem Titel „Mit Christus gehen - der Einheit auf der Spur“ sorgt weiter für Diskussionen. KNA-ÖKI dokumentiert den offiziell noch nicht veröffentlichten, aber mittlerweile in den Medien bekanntgewordenen Text, der wortgleich an den Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Kurt Koch, den Präfekten der Glaubenskongregation, Erzbischof Luis Ladaria, sowie an den Sekretär des Päpstlichen Rates für die Interpretation der Gesetzestexte, Bischof Juan Arrieta, gesandt wurde.

Eminenz, lieber Mitbruder,

in der Zeit vom 19. bis 22. Februar 2018 haben sich die deutschen Bischöfe zu ihrer Frühjahrsvollversammlung in Ingolstadt getroffen.

Unter TOP II.1 der Tagesordnung wurde den Bischöfen durch die Ökumenekommission eine sogenannte pastorale Handreichung mit dem Titel „Mit Christus gehen - der Einheit auf der Spur.

Konfessionsverschiedene Ehen und gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie“ zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt. Der Textvorlage entsprechend vollziehen gemischt-konfessionelle Paare als „praktisches Laboratorium der Einheit“ einen Zustand, auf den die getrennten Kirchen gemeinsam als Ziel unterwegs sind. Wegen der Bedeutung der Ehen zwischen katholischen und evangelischen Christinnen und Christen in Deutschland respektiert die Stellungnahme „den Schmerz [...all derer], die ihr ganzes Leben teilen, aber Gottes erlösende Gegenwart im eucharistischen Mahl nicht teilen können“. Mit der Handreichung soll nach dem gemeinsamen Reformationsgedenken im Jahr 2017 die Selbstverpflichtung, „den konfessions-verbindenden Ehen alle Hilfestellungen zu leisten, die ihren gemeinsamen Glauben stärken und die religiöse Erziehung ihrer Kinder fördern“ - wie zusammen mit der evangelischen Kirche in Deutschland in einem ökumenischen Buß- und Versöhnungsgottesdienst am 11. März 2017 in der Michaeliskirche erklärt - eine konkrete Hilfestellung und Regelung angeboten werden.

Danach soll eine Öffnung des Kommunionempfangs für evangelische Christen in konfessionsverschiedenen Ehen über can. 844 §4 CIC 1983 ermöglicht werden, da für das vorgelegte Dokument in der Konfessionsverschiedenheit der Ehe eine „gravis spiritualis necessitas“ angenommen wird.

Am 20. Februar 2018 wurde über den hier vorgelegten Text über konfessionsverschiedene Ehen und die gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie in der Vollversammlung abgestimmt. Dabei wurde das Dokument mit einer 2/3-Mehrheit von den deutschen Bischöfen angenommen. Von den 60 anwesenden Bischöfen stimmten 13 Bischöfe mit Nein, darunter mindestens sieben Diözesanbischöfe. Bis zum 16. März können Modi eingereicht werden, die jedoch die grundsätzliche Annahme des Dokumentes nicht mehr in Frage stellen werden.

Persönlich halten wir die am 20. Februar durchgeführte Abstimmung für nicht rechtens, da es sich in unseren Augen bei der hier vorgestellten Thematik nicht um eine pastorale Fragestellung, sondern um eine Frage des Glaubens und der Einheit der Kirche handelt, die sich einer Abstimmung entzieht. So bitten wir Sie, Eminenz, in dieser Angelegenheit um Klärung.

1. Handelt es sich bei dem hier vorgelegten Dokument um eine - wie von einigen deutschen Bischöfen geltend gemacht - „pastorale Handreichung“ und damit lediglich um eine pastorale Fragestellung, oder ist nicht durch die hier getroffenen Festlegungen vielmehr grundsätzlich der Glaube der Kirche und ihre Einheit angefragt?

2. Relativiert Artikel 58 des Dokumentes nicht den Glauben der Kirche, wonach die Kirche Jesu Christi in der katholischen Kirche verwirklicht ist (subsistit) und es deshalb notwendig ist, dass ein evangelischer Christ, der den katholischen Glauben bezüglich der Eucharistie teilt, perspektivisch auf jeden Fall auch katholisch werden müsste?

3. Nach Z. 283 bis 293 wird nicht primär die Sehnsucht nach der eucharistischen Gnade, sondern der gemeinsame Kommunionempfang der konfessionsverschiedenen Ehepartner zum Kriterium der Notlage. Diese Notlage ist nach unserer Einschätzung keine andere als die der Ökumene insgesamt, also jedes/r ernsthaft nach Einheit trachtenden Christen/in. Damit taugt sie in unseren Augen nicht mehr zu einem Ausnahmekriterium.

4. Ist es einer einzelnen nationalen Bischofskonferenz überhaupt möglich, ohne Rückbindung und Einbindung in die Universalkirche in einer solchen, den Glauben und die Praxis der ganzen Kirche betreffenden Frage eine isolierte, nur ein bestimmtes Sprachgebiet betreffende Entscheidung zu fällen?
Eminenz, wir haben viele weitere grundsätzliche Anfragen und Vorbehalte gegenüber dem in diesem Dokument vorgeschlagenen Lösungsweg. Deshalb votieren wir dafür, auf eine Ausnahmeregelung zu verzichten und stattdessen im ökumenischen Gespräch eine weltkirchlich tragfähige Lösung der Gesamtproblematik „Eucharistiegemeinschaft“ anzuzielen, in der vor allem der Punkt „innere Einheit von Eucharistiegemeinschaft und Kirchengemeinschaft“ eine saubere Klärung erfährt.

Wir bitten Sie um Hilfe angesichts der von uns gehegten Zweifel, ob der in diesem Dokument vorgelegte Lösungsentwurf mit dem Glauben und der Einheit der Kirche vereinbar ist.

Wir erbitten für Sie und Ihre verantwortungsvolle Aufgabe in Rom Gottes Segen und grüßen Sie herzlich!

Rainer Maria Kardinal Woelki, Erzbischof von Köln
Ludwig Schick, Erzbischof von Bamberg
Gregor Maria Hanke, Bischof von Eichstätt
Konrad Zdarsa, Bischof von Augsburg
Wolfgang Ipolt, Bischof von Görlitz
Rudolf Voderholzer, Bischof von Regensburg
Stefan Oster, Bischof von Passau

KNA / DT (reg/jbj)

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