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USA: Statistische Analyse zu Missbrauchsbericht veröffentlicht

Eine vom Erzbistum Philadelphia in Auftrag gegebene Analyse rückt den im August veröffentlichten Grand-Jury-Bericht zu mutmaßlichen Missbrauchsfällen in katholischen Bistümern in einen breiteren Kontext.
Statistische Analyse zum Missbrauch in der US-Kirche
Foto: Fredrik von Erichsen (dpa) | Im Gegensatz zum Grand-Jury-Bericht konzentriert sich die statistische Analyse der Anwaltskanzlei auf 680 Fälle - zu den übrigen seien die Informationen zu unzulänglich gewesen.

In den USA hat eine Anwaltskanzlei eine statistische Analyse der mutmaßlichen Fälle sexuellen Missbrauchs in den Bistümern des US-Bundesstaats Pennsylvania veröffentlicht. Damit sollen die in einem ausführlichen Bericht einer sogenannten „Grand Jury“ aufgeführten Vorfälle in einen breiteren Kontext gerückt werden. Die Analyse war vom Erzbistum Philadelphia in Auftrag gegeben worden.

Analyse vergleicht Vorwürfe in kirchlichen Einrichtungen mit den in säkularen Institutionen

Um die Bedeutung des Grand-Jury-Berichts richtig einzuordnen, vergleicht die statistische Analyse der Anwaltskanzlei „Lewis Roca Rothgerber Christie LLP“ die Anzahl der Missbrauchsvorwürfe in kirchlichen Einrichtungen in Pennsylvania mit denen in anderen, säkularen Institutionen im selben Zeitraum. Somit soll herausgestellt werden, zu welchem Zeitpunkt die mutmaßlichen sexuellen Übergriffe mehrheitlich stattfanden.

Der ursprüngliche, 884 Seiten umfassende Grand-Jury-Bericht, war im August dieses Jahres veröffentlicht worden. Verfasst wurde er von 23 Experten, die 18 Monate lang in Zusammenarbeit mit der amerikanischen Bundespolizei FBI Nachforschungen in den sechs Bistümern Pennsylvanias anstellten: Allentown, Erie, Greensburg, Harrisburg, Pittsburgh und Scranton.

Analyse konzentriert sich auf 680 Fälle in Zeitraum von 84 Jahren

Der Grand-Jury-Bericht nennt mindestens 1 000 Kinder und Jugendliche als Opfer, mehr als 300 Priester als Täter. Die genannten Fälle reichen bis in das Jahr 1934 zurück. Ein Großteil der beschuldigten Priester ist jedoch bereits verstorben, die meisten Taten sind verjährt.

Im Gegensatz dazu konzentrierte sich die nun veröffentlichte statistische Analyse auf „faktische Informationen zu 680 separaten Anschuldigungen des Missbrauchs über einen Zeitraum von 84 Jahren“. Die Details zu den übrigen Fällen seien derart unzulänglich, dass diese nicht in die Analyse mit aufgenommen werden konnten.

Nur 23 Vorfälle ereigneten sich nach 2002

Von den 680 untersuchten Vorfällen ereigneten sich der Analyse zufolge nur 23, nachdem im Jahr 2002 die sogenannte „Charta zum Schutz von Kindern und Jugendlichen“ verabschiedet worden war.  Diese war damals bereits als Reaktion auf mutmaßliche Missbrauchsfälle innerhalb der katholischen US-Kirche beschlossen worden. Der jüngste im Grand-Jury-Bericht genannte Fall soll sich im Jahr 2013 zugetragen haben.

Die statistische Analyse kommt darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass Missbrauch zwar einerseits auf nationaler Ebene sehr weit verbreitet sei: 24,7 Prozent aller amerikanischen Frauen sowie 16 Prozent aller Männer seien in ihrer Kindheit Opfer sexuellen Missbrauchs geworden. Andererseits hätten nur wenige Organisationen derart umfassende Maßnahmen ergriffen wie die katholische Kirche, um aus den Fehlern und Versäumnissen der Vergangenheit zu lernen und sexuellem Missbrauch in Zukunft vorzubeugen.

DT/mlu

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