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Pater Zollner zum Missbrauchsgipfel: „Der Verantwortung stellen“

Die Kirche müsse sich den Opfern von Missbrauch und ihrem Leid stellen, meint der Jesuitenpater Hans Zollner. Zudem äußert er sich dazu, wie Zölibat und Homosexualität mit Fällen sexuellen Missbrauchs in Verbindung stehen.
Jesuitenpater Zollner zum Missbrauchsgipfel
Foto: Lena Klimkeit (dpa) | Eines der Ziele sei es, so Pater Zollner, Vizerektor der Päpstlichen Universität Gregoriana, „Task Forces“ zu bilden, die dort eingesetzt würden, wo Hilfe nötig sei, „mit der entsprechenden Kenntnis der Kultur.

Der Jesuitenpater Hans Zollner erwartet, dass der Missbrauchsgipfel im Vatikan „eine Lawine auslöst, die man nicht mehr stoppen kann“. Was in Rom ab kommenden Donnerstag verhandelt werde, werde seinen Weg in die Ortskirchen finden, so Zollner im Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“. An dem Treffen, an dessen Vorbereitung der 52-Jährige beteiligt ist, nehmen die Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen weltweit teil.

"Alle Verantwortungsträger der Kirche verpflichten"

Pater Zollner, Mitglied der Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen und Leiter des Centre for Child Protection in Rom, räumt zwar ein, dass ein viertägiges Treffen keine neuen Menschen schaffen werde. Dennoch sei es möglich, die Debatte um innerkirchlichen Missbrauch auf ein gemeinsames Niveau zu heben und alle Verantwortungsträger der Kirche zu verpflichten. „Wir wollen uns der Verantwortung stellen, wir wollen auf die Opfer zugehen, wir wollen tun, was getan werden kann, damit Kinder und Jugendliche so sicher wie möglich sind.“

Eines der Ziele sei es, so der Vizerektor der Päpstlichen Universität Gregoriana, „Task Forces“ zu bilden, die dort eingesetzt würden, wo Hilfe nötig sei, „mit der entsprechenden Kenntnis der Kultur. Wir dürfen nicht einfach unsere Maßstäbe allen überstülpen, es muss aber auch klar sein, dass es keine Toleranz gegenüber Missbrauch geben darf“.

Opfer der Gewalt stärker beteiligen

Eine der großen Herausforderungen besteht für Pater Zollner darin, die Opfer der Gewalt stärker zu beteiligen und sich den Menschen und ihrem Leid zu stellen, „ihrem berechtigten Zorn und ihrer Wut, ihrer Einsamkeit, den zerstörten Lebenschancen“. Wer den Betroffenen begegne, der ändere seine Einstellung. Mittlerweile hätten sich bereits viel mehr Bischöfe und Ordensobere mit Opfern getroffen, als in der Öffentlichkeit bekannt sei. „Viele Betroffene wollen nicht, dass solche Gespräche öffentlich werden“, erklärt Zollner.

Auf die Frage, ob denn nicht auch der Zölibat für Missbrauch mitverantwortlich sei, entgegnet Zollner: „So einfach ist das nicht.“ Jedoch müsse man neu nachdenken: „Wie bereiten wir Priesteramtskandidaten auf ein zölibatäres Leben vor, auf den reifen Umgang mit ihrer Sexualität, die sie ja mit der Weihe nicht einfach ablegen?“ Zudem gibt er zu bedenken, dass auch in der orthodoxen und der evangelischen Kirche Missbrauchsfälle aufträten, obwohl es dort keinen Zölibat gebe.

Zollner: Homosexualität hat nichts mit Kindesmissbrauch zu tun

Dass Homosexualität mit Kindesmissbrauch zu tun hat, verneint Zollner. „Es gibt ja die irrige Vorstellung, man müsste nur alle schwulen Priester aus der Kirche entfernen, und es gäbe keinen Missbrauch mehr.“ Dennoch müsse die Frage neu gestellt werden, wie die Kirche generell über Sexualität spreche, diese bewerte und mit ihr umgehe – „nicht nur im Zusammenhang mit dem Missbrauch. Da kommen wir an einen Lebensnerv“.

DT/mlu

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