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Orden laden zum Blick hinter die Kulissen

Viele Menschen kennen Mönche und Nonnen heute vor allem aus Fernsehserien. Von Klöstern hört man zumeist, wenn sie geschlossen werden. Das wollen die deutschen katholischen Ordensgemeinschaften ändern – mit einem "Tag der offenen Klöster" am 21. April.
Ordensfrau
| Eine Münsteraner Ordensfrau empfängt Gäste beim ersten "Tag der offenen Klöster" (2012). Foto: Gerd Felder.

Eine Radtour mit Ordensfrauen, Einblicke in die Flüchtlingshilfe, Gespräche über Gott und die Welt - all das bieten die katholischen Orden in Deutschland am 21. April. Dann laden sie zum zweiten bundesweiten Tag der offenen Klöster. Mindestens 160 Ordensgemeinschaften sind dabei, so die Deutsche Ordensobernkonferenz (DOK) am Montag in Bonn - und es werden täglich mehr. Die Veranstaltung hat in Zeiten, in denen zumeist eher Schließungen von Klöstern und Konventen für Schlagzeilen sorgen, auch einen Signalcharakter.

"Gut. Wir sind da", lautet das Motto, und es lässt sich auf zwei Arten lesen. Einerseits im Sinne einer Einladung: Die Ordensleute sind da, um sich zu kümmern, haben ein offenes Ohr für die Anliegen ihrer Mitmenschen; nicht nur, aber ganz besonders am Tag der offenen Klöster. Andererseits scheint in dem Motto ein Unterton mitzuschwingen, vielleicht Erleichterung darüber, bisher überlebt zu haben, vielleicht aber auch Sorge mit Blick auf die Zukunft.

Hermann-Josef Kugler, Vorsitzender der DOK und Prämonstratenserabt, ist ein zuversichtlicher Mensch. Er lacht viel - und findet zugleich offene Worte. "Klosterschließungen sind eine Realität, mit der wir leben müssen", sagt er. Es gebe auch kleine Neuanfänge, etwa das Kloster Neuzelle in Brandenburg, das seit 2017 von Zisterziensern neu besiedelt wird. Die Orden stünden jedoch vor der grundlegenden Frage, was ihr Charisma, ihr spezieller Auftrag in der heutigen Zeit sein könne.

Insofern solle der Tag der offenen Klöster auch Werbung in eigener Sache sein, so Kugler. Das müsse nicht unbedingt bedeuten, dass viele Besucher das Leben als Mönch oder Ordensschwester für sich selbst erwägen. "Es geht um die Frage nach dem eigenen Lebensweg und -ziel, theologisch gesprochen um die Frage, was Gott mit mir vor hat." Begegnungen könnten dem Einzelnen helfen, darauf Antworten zu finden.

Es sei wichtig, ins Gespräch zu kommen, betont auch die Generalsekretärin der Gemeinschaft der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel, Schwester Theresia Lehmeier. Denn vielfach seien Hemmungen zu spüren, Ordensleute anzusprechen. "Dabei sind wir keine verschworene, weltabgewandte Gruppe", betont sie.

Vor vier Jahren war der erste bundesweite Tag der offenen Klöster ein großer Erfolg. 300 Gemeinschaften waren dabei. Die Entscheidung, die Veranstaltung künftig in unregelmäßigen Abständen zu wiederholen, haben die Ordensoberen vor anderthalb Jahren "mit großer Mehrheit" gefällt, heißt es.

Viele Menschen seien auf spiritueller Suche, hat Kugler beobachtet. Auszeiten im Kloster boomen: Teils könnten die Ordensgemeinschaften nicht allen, die daran interessiert sind, gerecht werden, so der Ordensmann. Schwester Theresia sieht es ähnlich: "Es gibt eine Sehnsucht nach Rückzugsorten, an denen man sich spirituell geborgen fühlt." Das betreffe nicht zuletzt die Ordensleute selbst, gerade im höheren Alter.

Klassische Ordenshäuser wird es daher auch weiterhin geben, meinen die Experten. Künftig könnten verstärkt "kleine spirituelle Zellen" hinzukommen, so nennt es Schwester Theresia: Zwei bis drei Ordensleute, die etwa mitten in einem Plattenbau-Viertel leben, nah an den sozial Schwachen. "Das ist nicht unbedingt einfacher, als in einem großen Konvent zu leben", sagt sie. "Die Beteiligten müssen dafür sehr fest im Glauben verankert sein."

Wer sich heute für das Ordensleben entscheidet, tut das ohnehin sehr bewusst, meinen die beiden. "Vor 50 Jahren war die Familie noch beeindruckt, wenn jemand Priester werden wollte", sagt Kugler. "Das hat sich verändert. Sprüche wie 'du bist doch ganz normal, was willst du im Kloster' sind noch der harmloseste Protest." Laut Schwester Theresia hat ihr Orden seit etwa zehn Jahren niemanden mehr aufgenommen, der nicht mit Gegenwind zu kämpfen hatte. Spätestens seit den Missbrauchsfällen gebe es auch ernsthafte Anfeindungen und Beschimpfungen auf offener Straße.

Da könnte ein Signal der Offenheit gerade recht kommen. Denn, so Kugler: "Orden sind bunter und vielfältiger, als viele Menschen glauben."

KNA - Paula Konersmann / jbj

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