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Neue Gesichter prägen die Kirche im Heiligen Land

Mit dem Abschied von Nuntius Lazzarotto endet ein Generationenwechsel. Von Andrea Krogmann
Foto: Krogmann | Nuntius Lazzarotto (links) mit dem damaligen Patriarchen Fouad Twal.

Jerusalem (DT) Nach fünf Jahren als Nuntius in Israel und Zypern hat Giuseppe Lazzarotto (75) am vergangenen Sonntag in Jerusalem seine Amtszeit beendet. Wer seine Nachfolge antreten wird, ist noch unbekannt. Aber mit dem Ausscheiden des italienischen Erzbischofs nach 46 Jahren im Dienst der vatikanischen Diplomatie wird innerhalb eines guten Jahres die dritte wichtige Position in der katholischen Kirche im Heiligen Land neu besetzt.

Es war ein Wiedersehen mit dem Heiligen Land, als der 1942 im italienischen Carpane geborene Lazzarotto 2012 sein Amt als Nuntius in Israel und Zypern sowie als Apostolischer Delegat in Jerusalem und Palästina antrat. Schon von 1982 bis 1984 war der promovierte Kirchenrechtler für die Apostolische Delegation in Jerusalem tätig, bevor er zum Nuntius zunächst in Jordanien und Irak, dann in Irland und schließlich Australien wurde.

Zwei Kriege in Gaza und ein Brandanschlag in Tabgha

Seine Rückkehr ins Heilige Land ging mit medialen Misstönen in Israel einher, deren Stimmen die Verwicklung des Italieners in einen Pädophilieskandal innerhalb der irischen Kirche 2005 in Erinnerung riefen und Lazzarottos Ernennung als erniedrigenden Schlag ins Gesicht Israels darstellten. Das israelische Außenministerium und ranghohe jüdische Vertreter verurteilten die Kritik und machten klar, dass der neue Nuntius das volle Vertrauen der Regierung genieße und die vatikanisch-israelischen Beziehungen überdies bestens seien.

In die Amtszeit des Vatikandiplomaten fielen schöne und schwere Momente für die Heiliglandkatholiken. Zwei Kriege im Gazastreifen setzten neben den allgemein dramatischen Auswirkungen der Gewalt auch die kleine katholische Gemeinde in Gaza-Stadt unter Druck, deren Abwanderungsrate weiter stieg. Auf israelischer Seite stieg in derselben Zeit die Zahl der Übergriffe auf christliches Eigentum, dessen trauriger Höhepunkt die Brandstiftung im Benediktinerkloster Tabgha durch jüdische Extremisten vor zwei Jahren darstellt. Im Kampf gegen den Mauerbau auf christlichem Land rund um Bethlehem musste die kirchliche Diplomatie eine Niederlage einstecken, ein Erfolg für das Selbstbewusstsein vor allem der einheimischen Christen war der Besuch von Papst Franziskus in Jordanien, Bethlehem und Jerusalem im Mai 2014.

Zu politischen Themen äußerte sich Lazzarotto öffentlich selten, sprach aber eine klare Sprache gegen die verschiedenen Gewalteskalationen. Den Christen wies er dabei eine maßgebliche Rolle für eine friedliche Zukunft des Heiligen Landes zu in einer Situation, in der es Politikern nicht gelinge, eine Lösung des Konflikts zu finden. Wiederholt rief der Vatikandiplomat Pilger dazu auf, das Heilige Land zu bereisen. Ihre Präsenz könne dabei helfen, „Vertrauen und Hoffnung in die Gegenwart und die Zukunft zurückzubringen“ und damit einen Beitrag dazu leisten, zwischen Israelis und Palästinensern „ein Klima gegenseitigen Vertrauens“ wieder herzustellen.

Ein wesentlicher Schritt in der staatlich-kirchlichen Annäherung gelang Lazzarotto auf palästinensischer Seite: Im Januar 2016 gelang der Abschluss eines Grundlagenvertrags zwischen der palästinensischen Autonomiebehörde und dem Vatikan über das Verhältnis der katholischen Kirche und dem Staat in den Palästinensergebieten. Ausdrücklich unterzeichnete der Vatikan das Abkommen mit dem Staat Palästina – ein Meilenstein nicht nur für die palästinensischen Christen in dem Ringen um eine staatliche Anerkennung, der auch von Israel nicht unbeachtet blieb.

Die Verhandlungen mit Israel über ein vergleichbares Abkommen unterdessen sind auch unter Nuntius Lazzarotto nicht zu einem Abschluss gekommen. Ein bestehendes Grundlagenabkommen von 1993 bot die Grundlage für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen beider Länder vor 24 Jahren. Die darin ungeklärten Fragen, etwa zu Kirchenbesitz und Besteuerung, werden seither von Nuntius zu Nuntius in die Verhandlungsrunden getragen. Zwar wurden die Gespräche über die strittigen Fragen nach monatelanger Pause in diesem Jahr wieder aufgenommen. Doch obwohl Lazzarotto sich bis zuletzt optimistisch zeigte, auch an israelisch-vatikanischer Front zu einem abschließenden Ergebnis zu gelangen, wird diese von seinen Vorgängern ererbte Baustelle offen an seinen Nachfolger gehen in einem Land, in dem Konflikte und Meinungsverschiedenheiten deutlich langlebiger sind als Amtszeiten wichtiger Führungspersonen.

Wer folgt als neuer Patriarch der Kirche im Heiligen Land?

Mit der bevorstehenden Neubesetzung des vatikanischen Botschafterpostens hat sich die Führungsriege der katholischen Kirche im Heiligen Land runderneuert. Im Mai 2016 folgte Francesco Patton (53) als neuer Kustos an der Spitze der Franziskaner auf Pierbattista Pizzaballa (52), der wiederum kurz nach dem altersbedingten Ausscheiden von Patriarch Fouad Twal (76) als Apostolischer Administrator die Leitung des Lateinischen Patriarchats in Jerusalem übernahm.

Auch in der Reihe der Bischöfe kam es, angestoßen durch den überraschenden Rücktritt des für Jordaniens Katholiken verantwortlichen Erzbischofs Maroun Laham (68) im Januar, zu einer Personalrochade. Jerusalems früherer Weihbischof Wiliam Schomali (66) wechselte nach Amman, der langjährige Patriarchalvikar in Nazareth, Bischof Giacinto-Boulos Marcuzzo (72) wird zugunsten seiner neuen Tätigkeit als Patriarchalvikar in Jerusalem durch den jordanischen Priester Hanna Kildani (62) abgelöst. Hinzu kommt nach dem ebenfalls überraschenden Rücktritt des Jesuitenpaters David Neuhaus zu Wochenbeginn ein Wechsel in der Leitung der hebräischsprachigen Katholiken und der Migrantenseelsorge in Israel. Wer dem 55-jährigen Israeli mit jüdisch-südafrikanischen Wurzeln auf den sensiblen Posten folgen wird, ist derzeit noch nicht bekannt.

Zusammen mit weitreichenden personellen Veränderungen innerhalb der Leitung des Patriarchats scheint die als eine der Hauptaufgaben von Pizzaballa angesehene Reorganisation der Diözese in vollem Gang – und damit die Klärung der letzten großen katholischen Personalfrage im Heiligen Land ein Stück näher: Wer folgt nach der Phase des Umbruchs dem Ad-Interim-Leiter Pizzaballa als neuer Patriarch an die Spitze der Heiliglandkatholiken?

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