Zehn Tage nach der umstrittenen Predigt des Münsteraner Pfarrers Ulrich Zurkuhlen über Missbrauch und Vergebung wird dieser in den Ruhestand versetzt. Zurkuhlen darf ab sofort nicht mehr öffentlich Gottesdienste feiern und als Seelsorger tätig sein. Das teilte der Münsteraner Bischof Felix Genn mit. „Wenn einer meiner Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen solche Thesen vertritt, kann er nicht weiterhin im Dienst bleiben.“ Der Geistliche dürfe zudem nicht mehr predigen und auch nicht mehr die Beichte abnehmen.
"Pfarrer Ulrich Zurkuhlen ist es verboten,
sich weiterhin in dieser Sache zu
äußern, sei es schriftlich oder mündlich"
„Pfarrer Ulrich Zurkuhlen ist es verboten, sich weiterhin in dieser Sache zu äußern, sei es schriftlich oder mündlich“, betonte Genn. Er wolle dadurch verhindern, dass Zurkuhlen die Betroffenen weiterhin „mit seinen unsäglichen Thesen belästigt“. Der Bischof ergänzte, er erwarte eine „glaubhafte schriftliche Entschuldigung gegenüber den Betroffenen, gegenüber der Gemeinde, den Kolleginnen und Kollegen, gegenüber all den Menschen, die er verletzt hat“.
Der 79-Jährige Geistliche hatte am vorletzten Wochenende in der Heilig-Geist-Gemeinde dafür geworben, einander vergeben zu können, und dies ausdrücklich auch auf Priester bezogen, die Minderjährige sexuell missbraucht haben. Zahlreiche Gottesdienstbesucher hatten daraufhin unter Protest die Kirche verlassen und kritisiert, dass er nicht auf die Perspektive und das Leid der Opfer eingegangen war.
Zurkuhlen verteidigt seine Predigt - Leid nicht herunterspielen
In einem am Dienstagabend ausgestrahlten Gespräch mit der WDR-Lokalzeit Münsterland hatte Zurkuhlen erneut seine Predigt verteidigt und betont, er wolle das Leid der Opfer keineswegs herunterspielen. Er äußerte aber auch Verwunderung darüber, warum sich viele Missbrauchsopfer erst so spät gemeldet hätten. Auch verstehe er nicht, warum Kinder, wenn sie so etwas Schreckliches erlebt hätten, immer wieder zu dem Täter gegangen seien. Das zeige doch, dass da auch ein „positives Verhältnis“ gewesen sei müsse und dass es vielleicht „nicht so tragisch für die Kinder war“.
Damit verhöhne der Geistliche die Betroffenen, so Genn weiter: „Er schlägt ihnen mitten ins Gesicht.“ Diese Aussagen stünden im absoluten Widerspruch zur Haltung, die die Kirche im Umgang mit sexuellem Missbrauch prägen müsse: „Alles was wir tun, muss sich daran messen lassen, dass im Mittelpunkt die Perspektive der Betroffenen steht.“
DT/mlu/KNA
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