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Missbrauch: Voderholzer kritisiert Generalverdacht gegen Priester

Für jeden Menschen gelte die Unschuldsvermutung bis zum Erweis der Schuld, so der Regensburger Bischof bei einem Gottesdienst anlässlich seines sechsten Weihejubiläums. Dass sich die Kirche neu erfinden müsse, weist Voderholzer zurück.
Voderholzer: Priester nicht pauschal unter Missbrauchsverdacht stellen
Foto: Harald Tittel (dpa) | „Die Kirche ist keine Erfindung der Menschen, sondern das Projekt Gottes, das er - auch wegen unserer Sündhaftigkeit - begonnen hat und trotz dieser durchträgt durch die Zeiten“, so der Regensburger Bischof.

Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hat Kritik daran geäußert, dass Priester in Zusammenhang mit der Missbrauchskrise in der katholischen Kirche unter Generalverdacht gestellt würden. Ein solcher sei „ein offenkundiger Widerspruch gegen den gesunden Menschenverstand und gegen alle bewährten und gültigen Rechtsgrundsätze“. Für jeden Menschen gelte die Unschuldsvermutung bis zum Erweis der Schuld. Dies erklärte Voderholzer am Sonntag bei einem Gottesdienst im Hohen Dom St. Peter in Regensburg anlässlich des sechsten Jahrestages seiner Bischofsweihe.

Der Missbrauch wird instrumentalisiert, um eine andere Kirche zu konstruieren

Voderholzer nahm damit Bezug auf den jüngst von den Theologen Magnus Striet und Rita Werden herausgegebenen Sammelband „Unheilige Theologie“, in dem sich mehrere Autoren mit der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle auseinandersetzen. Ein Hirtenbrief Voderholzers vom September vergangenen Jahres, in dem der Bischof auf die kurz zuvor veröffentlichte Missbrauchsstudie reagiert, wird darin in wichtigen Punkten kritisiert.

In dem Buch wird behauptet, dass es einen Grund für einen Generalverdacht gebe, und das Problem des Missbrauchs „hausgemacht“ sei, bis die Aufarbeitung des Geschehens nicht glaubwürdige Züge annehme. Bischof Voderholzer bezeichnete die Vorwürfe in seiner Predigt nun als pauschale Unterstellung, angesichts derer er nur den Kopf schütteln könne. Wenn der ganze Klerus pauschal verdächtigt werde, so Voderholzer, müsse er dahinter andere Absichten vermuten: „Der Missbrauch wird – ohne wirkliche Rücksicht auf Betroffene und Verdächtigte - instrumentalisiert, um endlich das lange gehegte Vorhaben der Konstruktion einer anderen Kirche zu verfolgen.“

Die Mehrheit der Priester macht ihre Arbeit gut

Voderholzer räumte ein, dass Priester in den vergangenen Jahrzehnten zwar schwere Schuld auf sich geladen hätten. Dem müsse man sich stellen. Gleichzeitig betonte er, dass die Mehrheit der Priester ihre Arbeit gut gemacht habe. Positive Entwicklungen wie eine neu gewonnene Opfersensibilität oder die wirksame aber noch zu verbessernde Prävention dürfe man nicht schlecht reden.

Zudem wies Voderholzer die Aufforderung zurück, dass sich die Kirche neu erfinden müsse. Die Kirche könne sich gar nicht neu erfinden, weil sie sich auch schon „alt“ nicht selbst erfunden habe. „Die Kirche ist keine Erfindung der Menschen, sondern das Projekt Gottes, das er - auch wegen unserer Sündhaftigkeit - begonnen hat und trotz dieser durchträgt durch die Zeiten“, so der Regensburger Bischof. Die Behauptung, dass die Kirche angesichts der jüngsten Enthüllungen vor einer „Zeitenwende“ stehe, sei sogar gefährlich. Nach christlicher Geschichtsauffassung gebe es nur eine Zeitenwende. „Sie ist durch die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus heraufgeführt worden“, so Voderholzer.

Neue Wege der Verkündigung und der Nächstenliebe finden

Stattdessen sei es notwendig, dass sich jeder Christ immer wieder neu bekehre. „Nicht neue Strukturen, nicht eine von Menschen neu erfundene Kirche, sondern Heiligkeit, authentische Zeugenschaft sind notwendig.“ Es gelte nun, neue Wege der Verkündigung, der Pastoral und der Nächstenliebe zu finden.

DT/mlu

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