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Man wartet auf das Schlusswort von Franziskus

Der Missbrauchs-Gipfel geht zu Ende. Der Umgang mit vertuschenden Bischöfen war ein Thema, nicht aber die homosexuelle Kultur im katholischen Klerus. Von Guido Horst
Gipfeltreffen zum Thema Missbrauch mit Papst Franziskus
Foto: Vincenzo Pinto (AFP) | Papst Franziskus nimmt an einem Bußgottesdienst am dritten Tag des Gipfeltreffens der Katholischen Kirche zum Thema Missbrauch teil. Zu der Konferenz sind die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen aller Länder geladen.

Mit einer Bußliturgie der Teilnehmer des Bischofs-Gipfels zum Kinderschutz geht heute im Vatikan das Treffen der Vorsitzenden der Bischofskonferenzen in aller Welt zu Ende. Neun Vorträge wurden gehalten, in elf Sprachgruppen wurde intensiv diskutiert, wie der Missbrauch von Schutzbedürftigen in Zukunft zu verhindern, und wenn er geschieht, entschlossen zu ahnden sei. Auch Missbrauchsopfer kamen zu Wort, meistens Frauen, die in jungen oder sehr jungen Jahren von Klerikern vergewaltigt worden sind.

Häufigsten Opfergruppen wurde kein entscheidendes Gewicht gegeben

Die Organisatoren des Treffens haben es vermieden, der häufigsten Opfergruppe ein entscheidendes Gewicht zu geben, und zwar Knaben und heranwachsenden Männern, die etwa in einem Priesterseminar von Vorgesetzten oder Bischöfe homosexuell misshandelt wurden. Um die achtzig Prozent der von Geistlichen begangenen Missbrauchsverbrechen haben einen homosexuellen Hintergrund. Darauf haben etwa die Kardinäle Walter Brandmüller und Raymund Leo Burke in einem Offenen Brief an die teilnehmenden Bischöfe des Missbrauchs-Gipfels hingewiesen. Aber auf dem Treffen in der Synodenaula des Vatikans wird peinlichst darauf geachtet, alles zu vermeiden – etwa die entsprechenden Zeugnisse von männlichen Opfern –, was den Eindruck erhärten könnte, dass die homosexuelle Kultur im Klerus eine entscheidenden Anteil an den Missbrauchsskandalen in der katholischen Kirche haben könnte.

Stattdessen ging es eher um die Frage, wie die Kirchenverantwortlichen mit den Missbrauchsfällen umgehen sollen. Und hier wiederum spielten die Bischöfe eine besondere Rolle, die ihrer Aufsichtspflicht nicht ausreichend nachgehen oder solche Vergehen regelrecht vertuschen. Wie „Vatican News“ mitteilte, arbeitet die Glaubenskongregation unter Kardinal Luis Ladaria an einer Erhebung über Bischöfe, die nicht angemessen gegen Missbrauchsfälle in ihren Diözesen vorgingen. Darüber informierte Erzbischof Charles Scicluna, Erzbischof von Malta und beigeordneter Sekretär an der Glaubenskongregation. Die Frage nach einer solchen Statistik sei „eine mehr als legitime Frage“, antwortete Scicluna einem Journalisten. Man sei vorerst noch nicht in der Lage, eine solche Erhebung zu veröffentlichen, „aber das wird geschehen“, versicherte Scicluna, „weil es auch wesentlich für uns selbst ist zu verstehen, wie sich das Phänomen darstellt, wie die Fälle behandelt wurden, wie man sich verbessern kann und welche geografischen Räume stärker betroffen sind.“ Es gebe eine Reihe von Informationen „aus den vielen Fällen, die wir seit 2001 haben“, diese Informationen bräuchten aber eine gründliche Einordnung.

Zwei Redner tragen unterschiedliche Lösungen vor

Zwei Redner haben während des Treffens zwei unterschiedliche Lösungen vorgetragen, wie man nachlässige oder vertuschende Ortsbischöfe zu behandeln habe. Kardinal Blase Cupich aus Chicago, einer der Organisatoren des Gipfels, hatte am Freitagmorgen einen Zwölf-Punkte-Plan vorgelegt, demzufolge künftig die Metropolitan-Erzbischöfe eine Schlüsselrolle übernehmen sollen. Sie sollen die Verfahren an sich ziehen, die zur Absetzung eines Bischofs führen können – etwa, wenn einer Missbrauchsanzeige nicht nachgegangen wurde.  Am Ende solle Rom über die Absetzung des Bischofs entscheiden.

Anders als Cupich regte am Freitag die im Dikasterium für Familie, Laien und das Leben arbeitende Kirchenrechtlerin Linda Ghisoni die Schaffung eines unabhängigen Kontroll- und Beratungsgremiums in jedem Land an. Es solle auf Ebene der Bischofskonferenzen evaluieren, ob die einzelnen Bischöfe korrekt arbeiten und ob sie alles Notwendige tun, um Missbrauch zu bekämpfen. Diesen Gremien sollten überwiegend Laien, aber auch Geistliche angehören, meinte Ghisoni. Die Kirchenrechtlerin und Kardinal Cupich gaben damit zwei unterschiedliche Strategien wieder, die zuletzt die Bischofskonferenzen in den Vereinigten Staaten beschäftigt hatte – wobei der Vatikan damals intervenierte und die Amerikaner anwies, in dieser Frage keine definitiven Beschlüsse zu fassen.

Am Sonntag gemeinsame Messe und Ansprache des Papstes

Am Sonntag feiern die Teilnehmer des Treffens eine gemeinsame Messe in der Sala Regia des Apostolischen Palastes und Papst Franziskus wird eine programmatische Ansprache halten. Darauf warten viele.

DT

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